Nach Bezahlung der Kaution Ex-Audi-Chef Rupert Stadler kommt auf freien Fuß

München · Rupert Stadler darf das Gefängnis gegen Auflagen verlassen. Die Justiz ermittelt im Abgas-Skandal allerdings weiterhin gegen ihn.

 Gegen Kaution frei: Rupert Stadler, ehemaliger Chef von Audi, saß im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal monatelang in Haft.

Gegen Kaution frei: Rupert Stadler, ehemaliger Chef von Audi, saß im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal monatelang in Haft.

Foto: AFP

Viereinhalb Monate musste der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler in der Augsburger Justizvollzugsanstalt in Untersuchungshaft schmoren. Nun hat das Oberlandesgericht (OLG) München den Haftbefehl außer Vollzug gesetzt. Der 55-jährige Bayer wird aber nur gegen Auflagen und eine Kaution auf freien Fuß gesetzt. Dringender Tatverdacht und auch Verdunkelungsgefahr bestünden weiter, betont die Justiz. Sie wirft Stadler Betrug vor und dass er versucht hat, die Ermittlungen zu behindern. Die Kaution habe eine empfindliche Höhe und orientiere sich an den Einkommensverhältnissen des Beschuldigten, sagte OLG-Richterin Barbara Stockinger, ohne genauer zu werden.

Die verhängten Auflagen sehen vor, dass Stadler sich Kontakten zu für das Ermittlungsverfahren relevanten Personen enthält. Ob das von der Justiz überwacht wird, wollte Stockinger nicht sagen. In U-Haft genommen worden ist der Anfang Oktober offiziell als Audi-Chef abgetretene Manager, nachdem Ermittler am 8. Juni ein Telefonat abgehört hatten. Darin hatte Stadler dem Vernehmen nach erwogen, einen Mitarbeiter Audi-intern kalt zu stellen, der gegenüber der Staatsanwaltschaft Stuttgart allzu auskunftsfreudig gewesen war. Meldeauflagen oder Reisesperren wurden gegen Stadler mangels Fluchtgefahr nicht verhängt.

Sobald der Manager die Kaution hinterlegt und alle Auflagen akzeptiert hat, kann er wieder zu seiner in einer Villa im Westen Ingolstadts wohnenden Familie zurückkehren. Dort ist Stadler am 18. Juni als bislang einzige Spitzenkraft aus den obersten Vorstandsriegen des VW-Konzerns verhaftet worden. Im Betrugsfall um die Abgasmanipulationen des VW-Konzerns beschuldigen die Münchner Ermittler den 55-jährigen zwar nicht, den Abgasbetrug bei Audi angeordnet zu haben, obwohl die VW-Tochter als eine Keimzelle dafür gilt. Audi hat mit illegaler Abschaltvorrichtung versehene große Dieselmotoren im eigenen Haus entwickelt und nicht nur in Audi-Modellen verbaut, sondern auch an andere Konzernmarken wie Porsche geliefert.

Verkauf von 500.000 abgasmanipulierten Diesel-Fahrzeugen

Was die Justiz Stadler aber vorwirft, ist fortlaufende Untätigkeit wider besseren Wissens. Obwohl Abgasmanipulationen längst bekannt waren, seien von Audi weiter Autos mit Betrugssoftware verkauft worden. Ein Fingerzeig ist ein Bußgeldbescheid über 800 Millionen Euro, den die Münchner Staatsanwaltschaft Mitte Oktober an Audi wegen der Diesel-Affäre verschickt hat. Darin war der Verkauf einer halben Millionen abgasmanipulierter Diesel-Fahrzeuge durch Audi in den Jahren 2004 bis 2018 hinein festgehalten worden. Audi hat also noch in diesem Jahr Autos mit Betrugssoftware auf den Markt gebracht, obwohl der Abgasskandal vor drei Jahren öffentlich gemacht wurde und Audi-intern wohl noch länger bekannt war.

Juristen sagen deshalb, dass Stadler Gefahr läuft, nicht nur von der Staatsanwaltschaft strafrechtlich, sondern auch von Audi beziehungsweise Volkswagen zivilrechtlich im Zuge einer Schadenersatzklage beansprucht zu werden. Aktienrechtlich könnte Audi zu einem solchen Schritt sogar gezwungen werden, je nachdem, was die Staatsanwaltschaft dem ehemaligen Firmenchef am Ende beweisen kann.

Stadler bestreitet Betrugsvorwürfe

Stadler selbst sieht sich als unschuldig an. Weder er noch sein Verteidiger Thilo Pfordte haben sich zwar bislang öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Dafür spricht aber die jüngste Haftbeschwerde des Rechtsanwalts, die jetzt zur Entlassung seines Mandanten geführt hat, eine klare Sprache. Deren Details sind durchgesickert. Stadler bestreitet darin zum einen, er habe die Ermittlungen behindern wollen und zum anderen auch die eigentlichen Betrugsvorwürfe. Die Abhöraktion, die zu seiner U-Haft geführt hatte, hält Stadler für nicht rechtens.

Die Justiz bleibt indessen auch nach seiner Freilassung bei ihrer Sicht der Dinge. Auf freien Fuß ist der Manager nun vor allem auch deshalb gekommen, weil er sich mit Audi und VW am 16. Oktober auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt hatte, sagen Juristen. Ohne Vorstandsposten hat er in Ingolstadt keine Durchgriffsrechte mehr und kann Ermittlungen zumindest Audi-intern nicht mehr beeinflussen.

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