Internetkonferenz Facebook und Apple kuschen in China

Peking · Ausgerechnet das Land mit der strengsten Kontrolle für das Netz lädt die Welt zur Internetkonferenz – und alle kommen. Facebook und Apple buhlen um die Gunst Chinas.

Freundliches Gespräch: Chinas Präsident Xi Jinping traf Facebookchef Mark Zuckerberg 2015 in Redmond, USA.

Freundliches Gespräch: Chinas Präsident Xi Jinping traf Facebookchef Mark Zuckerberg 2015 in Redmond, USA.

Foto: dpa

Mark Zuckerberg lässt nicht locker. Der Facebookchef scheint jede Gelegenheit nutzen zu wollen, sich bei der chinesischen Führung gut zu stellen. Die wünscht sich zwar die Nutzung des Webs für Wirtschaft und Erziehung, doch private Nutzer sollen möglichst keine Seiten ausländischer Menschenrechtsgruppen aufrufen, die die Google-Suchmaschine oder soziale Medien wie Facebook nutzen.

Als Zuckerberg vor zwei Jahren Lu Wei, damals Chinas oberster Chefzensor, zu sich in die Zentrale nach Kalifornien einlud, legte der Facebookgründer demonstrativ das Buch des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping auf seinen Schreibtisch. Und als bei einem Gegenbesuch in Peking mal wieder besonders schwerer Smog herrschte, ging Zuckerberg demonstrativ joggen. „Man kann es sich nicht zur Aufgabe machen, alle Menschen in der Welt miteinander zu verbinden, und dann das größte Land außen vor lassen“, hat der Facebook-Chef einmal gesagt. „Langfristig gesehen ist das eine Situation, aus der wir einen Weg nach vorn finden müssen.“

Dafür, dass Zuckerberg für eine Stunde giftigen Feinstaub einatmete, hat Chinas Führung die Facebooksperre dennoch nicht aufgehoben. Zuckerberg ist keineswegs der Einzige, der um die Gunst der chinesischen Führung buhlt. Auch Applechef Tim Cook lässt sich regelmäßig in Peking blicken – trotz ständiger Gängeleien der Behörden wie zuletzt bei der Einführung der i-Watch.

Tausende Webseiten gesperrt

Ausgerechnet das Land mit der schärfsten Netzzensur hat mal wieder zum Welt-Internet-Kongress geladen. In China sind Tausende Webseiten aus dem Ausland gesperrt. Neben illustren Vertretern von autoritären Staaten wie Russland, Kasachstan, Pakistan, Kuba und dem Sudan haben dennoch auch fast alle großen Internetkonzerne aus dem Silicon Valley ihre Teilnahme an der dreitägigen Konferenz zugesagt.

Der Grund ihrer Teilnahme ist einleuchtend. Trotz der Restriktionen ist China mit fast einer Milliarde eifrigen Internetnutzern der weltgrößte IT-Markt. Wer auch in Zukunft zu den ganz großen Playern gehören möchte, kann diesen lukrativen Markt nicht ignorieren. Trotz Verbots in China sind chinesische Unternehmen für Facebook wichtige Werbekunden.

Das Thema dieser Konferenz klingt zunächst einmal recht unverdächtig: „Digitalwirtschaft entwickeln, Öffnung und Sharing fördern.“ Allerdings macht die chinesische Führung keinen Hehl daraus, dass sie auf der Konferenz auch über Strategien diskutieren will, das Internet weltweit noch stärker zu zensieren und unter staatliche Kontrolle zu bringen.

Dabei ist es der Führung in Peking mit der „Großen Firewall“ bereits höchst erfolgreich gelungen, ihre Bürger von der Nutzung der im Rest der Welt so weit verbreiteten sozialen Netzwerke abzuhalten. Stattdessen etablierten sich eigene Dienste. Tencent, Baidu, Sina und Alibaba sind in China längst nicht mehr wegzudenken. Sie gehören inzwischen zu den größten IT-Firmen der Welt.

Eigene Zensurmechanismen bei Facebook

Was die Überwachung des Netzes betrifft, will die chinesische Führung aber noch einen Schritt weiter gehen. Seit Juni gilt ein neues Cybergesetz. Im Kern sieht es vor, dass alle in China aktiven IT-Firmen den chinesischen Behörden sämtliche Daten ihrer Nutzer zur Verfügung stellen müssen. Konkret heißt das: Jedes neue IT-Produkt muss eine Sicherheitsprüfung durchlaufen. Ab Anfang 2018 sollen zudem sämtliche VPN-Tunnelzugänge verboten werden, eine – wenn auch recht aufwendige – Möglichkeit, Chinas Firewall zu überspringen und Facebook, Twitter und die Google-Dienste innerhalb der chinesischen Landesgrenzen doch nutzen zu können.

Das bisherige Verhalten von Zuckerberg und Cook lässt nicht hoffen, dass ihre Vertreter bei der Konferenz versuchen werden, Chinas Führung mehr Freiheit im Netz abzuringen. Vielmehr ist Facebook dabei, eigene Zensurmechanismen zu entwickeln, die in etwa Chinas rigidem Kontrollsystem entsprechen. Zuckerberg glaubt, auf diese Weise doch noch Zugang zum weltgrößten IT-Markt zu erhalten.

Doch selbst wenn sich Peking unnachgiebig zeigt und Facebook im Reich der Mitte weiterhin verbieten sollte – für Mark Zuckerberg lohnt sich dieser eingeschlagene Weg trotzdem. Chinas Kontrollsystem findet bei anderen autoritären Regimen immer mehr Nachahmer. Darauf will die Facebookführung offenbar gewappnet sein. Eine sehr düstere Zukunft, die der freien Netzwelt, wie wir sie bisher kannten, bevorsteht.

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