Interview mit Alexander Kubis Fachkräfte-Experte: "Bildung bleibt das A und O"

BONN · Alexander Kubis vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg ist Fachkräfte-Experte. Betriebe hätten es heute in vielen Bereichen im Vergleich zu früher deutlich schwerer, geeignetes Personal zu finden, sagt er.

Wie hat sich der Fachkräftemangel in den vergangenen Jahren entwickelt?

Kubis: Eine wichtige Kennzahl zur Beurteilung eines Engpasses ist die Arbeitslosen-Stellen-Relation. Hier zeigt sich, dass – unabhängig von Qualifikation und Region – im ersten Quartal 2011 im Durchschnitt rund 360 Arbeitslose auf 100 offene Stellen kamen. Im ersten Quartal 2019 waren es rund 170 Arbeitslose auf 100 offene Stellen. Betriebe haben es heute in vielen Bereichen im Vergleich deutlich schwerer, geeignetes Personal zu finden.

Welche Ursachen hat der Fachkräftemangel Ihrer Einschätzung nach?

Kubis: Nach fast zehn Jahren ununterbrochenem Wirtschaftswachstum ist die Zahl der Erwerbstätigen mit 45 Millionen auf einem Allzeithoch, über vier Millionen mehr als noch 2009. Auch die Zahl der Arbeitslosen ist so niedrig wie lange nicht mehr. Die inländischen Personalreserven sind bei manchen Berufen somit vielerorts fast aufgebraucht. Der mangelnde Nachwuchs tut in vielen Bereichen sein Übriges.

Welche Folgen resultieren aus dem Fachkräftemangel?

Kubis: Gerade den vielen kleinen Betrieben fällt es oft schwer, sichtbar zu sein und bei der Gretchenfrage – dem Lohn – attraktiv zu bleiben. In verschiedenen Engpassfeldern versuchen die Betriebe, gegenzusteuern und ihre Attraktivität auch gegenüber eigenen Mitarbeitern zu steigern. Denn jede Person, die dem Betrieb erhalten bleibt, muss auch nicht vorzeitig ersetzt werden. Wir sehen zudem, dass die Betriebe verstärkt auch im Ausland nach geeignetem Personal suchen.

Was könnte gegen den Fachkräftemangel unternommen werden?

Kubis: Nach wie vor haben wir in jeder Altersgruppe rund zehn Prozent ohne einen Berufsabschluss. Hier muss alles getan werden, um diese Zahl zu senken und auch diese Menschen ohne Berufsabschluss so zu fördern, dass sie schrittweise in eine gut bezahlte Arbeit kommen. Bildung bleibt das A und O. Aber auch Weiterbildung muss an Bedeutung gewinnen.

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