Ein Jahrgang für die Annalen? Frühe Weinlese lässt Winzer hoffen
Mainz · In einem warmen Sommer reifen die Trauben ungewöhnlich früh. Ob sie auch einen sehr guten Wein ergeben, entscheiden die kommenden Wochen. Die Aussichten für die Menge sind aber schon mal gut.
Sonne satt und wenig Regen - die Winzer blicken erwartungsvoll einer in diesem Jahr besonders frühen Lese entgegen. Die ersten Trauben der frühen Rebsorten könnten möglicherweise bereits im August vom Stock genommen werden, erwartet das Deutsche Weininstitut in Bodenheim bei Mainz.
In allen Anbaugebieten sei das Wachstum den Durchschnittsjahren um mehr als zwei Wochen voraus. Über die Qualität lässt sich nach Angaben des Deutschen Weininstituts noch nichts sagen - die Aussichten für einen guten Tropfen seien aber bestens. Für die nächsten Wochen wünschen sich die Winzer weiterhin warmes Wetter und ein wenig Regen.
"Der Jahrgang 2018 könnte in die Annalen eingehen", heißt es an der Mosel. Und in der Pfalz sagt Jürgen Oberhofer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt über die zu erwartende Qualität: "Es ist wie beim Fußball, wenn wir in der 70. Minute deutlich führen, aber das Spiel trotzdem noch nicht gewonnen haben." Nach dem warmen Sommer sind hohe Mostgewichte in den Trauben zu erwarten; viel Zucker ermöglicht Weine mit hohem Alkoholgehalt - allerdings hat in den vergangenen Jahren die Nachfrage nach leichteren Weinen zugenommen.
Diesem Anliegen folgt auch die Entscheidung einiger großer Winzer an der mittleren Mosel und der Saar, Randlagen wieder zu bewirtschaften, die in den 90er Jahren wegen zu geringer Mostgewichte aufgegeben worden waren. Diese als "obere Riegel" bezeichneten Lagen seien ideal für leichtere Weine, erklärte der Geschäftsführer des Vereins Moselwein, Ansgar Schmitz. "Am Markt wächst die Nachfrage nach filigranen Weißweinen. Das hat mit dem Lifestyle zu tun, es wird wieder mehr auf den Alkoholgehalt geachtet."
Der begrenzende Faktor für einen wirklich hervorragenden Weinjahrgang sei jetzt die Trockenheit, erklärt Thomas Ibald von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz: Wenn nicht genügend Wasser in die Traube komme, fehlten die Mineralstoffe, die den besonderen Geschmack der hiesigen Weine ausmachten. So sei etwa dem Jahrhundertsommer 2003 kein Jahrhundertwein gefolgt - "da hat die Finesse gefehlt."
"Dieses Jahr sind wir etwa vier Wochen früher dran als sonst", sagt Moselwein-Geschäftsführer Schmitz mit Blick auf die frühen Rebsorten, bei denen die Lese an der Mosel sonst erst zwischen dem 20. und 25. September beginnt. "Die Vegetation ist sehr weit fortgeschritten, die Weinberge sehen gut aus." Während der Riesling in Steillagen der Mosel sonst erst Ende Oktober oder Anfang November gelesen werde, könne jetzt mit einem Lesebeginn im September gerechnet werden.
Nach der historisch kleinsten Erntemenge im vergangenen Jahr - damals hatten Frostschäden im April schlimme Folgen - sieht es für die Moselwinzer in diesem Jahr deutlich besser aus. Bereits eine durchschnittliche Erntemenge wäre für die Ertragslage der Weingüter willkommen, da der Umsatzverlust im vergangenen Jahr nach Angaben des Moselwein-Geschäftsführers mit lediglich moderaten Preisanpassungen kaum aufgefangen werden konnte. "Das können wir nicht kompensieren, das macht der Markt nicht mit", sagte Schmitz.
Er könne sich nicht daran erinnern, dass die Trauben in den vergangenen 30 Jahren schon einmal um diese Zeit so weit entwickelt gewesen seien, sagte Ibald. Selbst die Trauben von Rotweinsorten wie dem Frühburgunder an der Ahr seien schon durchgefärbt.
Nur vereinzelt wurden die Weinberge von Unwettern heimgesucht. In der Südpfalz gab es etwa einen hundertprozentigen Ausfall auf einer Fläche von 500 Hektar. Ansonsten aber werden die Ertragsaussichten in den meisten Anbaugebieten als eher überdurchschnittlich eingeschätzt.