Gasversorgung in Deutschland Fünf Zahlen für den schnellen Überblick
Bonn · Die Bundesnetzagentur veröffentlicht ab sofort an jedem Werktag fünf Kennzahlen zur Gasversorgung in Deutschland. Die Indikatoren sollen auf einfache Art und Weise klarmachen, wie es um die Gasversorgung in diesem Winter steht und ob eine Gasmangellage droht.
Die Bundesnetzagentur will künftig mithilfe von fünf neuen Kennzahlen beurteilen, ob Deutschland im Winter in die Nähe einer Gasmangellage rutscht. „Die Indikatoren geben uns eine schnelle Einschätzung und Prognose zur aktuellen Lage", sagte der Präsident der Bonner Behörde, Klaus Müller. Noch ist die Lage unauffällig: „Stand heute sind alle Indikatoren stabil", betonte er.
Die fünf Zahlen, die in Form eines Tachometers dargestellt sind, sollen Verbrauchern eine schnelle und einfache Orientierung geben, wie es um die Gasversorgung in Deutschland steht. Als entscheidend dafür hat die Regulierungsbehörde eine Temperaturprognose, den temperaturbereinigten Gasverbrauch, die Speicherfüllstände, die Lage in den Nachbarländern und die Beschaffung von Regelenergie ausgemacht. In der Tachometer-Darstellung kann jede Kennzahl auf den Stufen stabil, angespannt und kritisch stehen. Die Indikatoren sollen aber lediglich „Anhaltspunkte bei einer Diskussion einer Gasmangellage und um die Ausrufung der Notfallstufe sein", meinte Müller. Sie definieren nicht, wann die Notfallstufe ausgerufen werden sollte. Die Indikatoren seien auch nicht geeignet zur Identifikation lokaler Gasmangellagen. Die Entscheidung über die Ausrufung einer Notfallstufe liege bei der Bundesregierung, betonte Müller. Das könne sie auch durchaus bereits machen, wenn erst vier Indikatoren auf der Stufe kritisch stehen. Bei einer Gasmangellage drohen Eingriffe in die Versorgung und die Abschaltung großer industrieller Nutzer. „Das kontinuierliche Monitoring ermöglicht es, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und gegenzusteuern“, sagt Müller.
Der Gasverbrauch in Deutschland ist deutlich gesunken. In der vergangenen Woche lag der Verbrauch laut Bundesnetzagentur gut 21 Prozent unter dem Mittelwert der vier vorhergehenden Jahre. Die Bundesnetzagentur betont dennoch weiterhin die Bedeutung des Einsparens. Die Einsparungen müssten bei 25 Prozent liegen. Bisher hatte Müller in der Regel von „mindestens 20 Prozent" gesprochen.
Die fünf Indikatoren
■ Temperaturprognose: Die Temperatur ist der entscheidende Faktor insbesondere für den privaten Gasverbrauch", sagte Müller. Als „stabil" gilt der Indikator, wenn die prognostizierte Durchschnittstemperatur der kommenden sieben Tage über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 liegt. „Dann ist die Woche im Mittel wärmer als im Bezugszeitraum", heißt es als Erklärung zur Grafik. Als kritisch wird die Lage eingestuft, wenn die prognostizierte Durchschnittstemperatur der kommenden sieben Tage zwei Grad unter dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 liegt. Eine solche Temperatur würde einen Mehrbedarf von zwei Terawattstunden (TWh) pro Woche bedeuten. Die Daten werden wöchentlich montags aktualisiert.
■ Gasverbrauchverbrauch temperaturbereinigt: Als stabil wird die Lage eingestuft, wenn temperaturbereinigt mehr als 25 Prozent Gas eingespart werden. Bisher war immer von „mindestens 20 Prozent“ gesprochen worden. Als kritisch wird die Lage bereits eingestuft, wenn temperaturbereinigt weniger als 15 Prozent Gas eingespart werden.
■ Speicherfüllstände: Als stabil wird die Lage eingestuft, wenn der Füllstand über dem Speicherpfad liegt, der auf das 55 Prozent-Niveau am 1. Februar 2023 führt. Wenn die Speicher so schnell geleert werden müssen, dass der Füllstand am 1. Februar unter 40 Prozent fällt, gilt die Entwicklung als kritisch. Am Donnerstagmorgen lag der Füllstand nach Angaben des europäischen Gasspeicherverbands GIE bei knapp 99 Prozent, 0,15 Prozentpunkte unter dem Vortageswert. Es war der sechste Tag in Folge mit einem Rückgang. Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit ein Puffersystem für den Markt. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. Bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände dann ab. Am 1. Februar sollen sie laut Energiewirtschaftsgesetz noch zu 40 Prozent gefüllt sein.
■ Situation in den Nachbarländern: Die Lage gilt als stabil, wenn in keinem Nachbarland die Notfallstufe ausgerufen und keine Solidaritätsmaßnahmen aus einem Nachbarland angefordert wurden.
■ Beschaffung Regelenergie: Als stabil stuft die Netzagentur ein, wenn ausreichend Regelenergie über die Börse beschafft wird. Die Lage gilt als kritisch, wenn die benötigte Regelenergie weder über die Börse noch über Ausschreibungen gedeckt werden kann.
Die Gewichtung und Dringlichkeit der Indikatoren sei unterschiedlich, erklärte Müller. So die Beschaffung der Regelenergie, „womöglich der härteste" Indikator. Schlage dieser auf „kritisch" um, drohe eine Gasmangellage unmittelbar.
Aktuelle Daten zur Gasversorgung
Die Bundesnetzagentur veröffentlicht von Montag bis Freitag einen Lagebericht zur Gasversorgung. Er enthält neben den Indikatoren auch aktuelle Daten zu Gasimporten und -exporten, Speicherfüllständen, Gasverbrauch und aktuellen Preisentwicklungen. Die Daten sind hier veröffentlicht: www.bundesnetzagentur.de/aktuelle-gasversorgung.