Integration geflüchteter Ukrainerinnen in den Arbeitsmarkt Gefahr der Ausbeutung bei der Jobsuche

Bonn · Für die erfolgreiche Integration geflüchteter Frauen aus der Ukraine in den deutschen Arbeitsmarkt sind Spracherwerb und die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse wesentlich. Bei ersten Jobangeboten droht Ausbeutung.

 Kateryna Nezhentseva, Krankenschwester aus der Ukraine, arbeitet in Neuss.

Kateryna Nezhentseva, Krankenschwester aus der Ukraine, arbeitet in Neuss.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Kateryna Nezhentseva ist 2014 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Bis der Ausbildungsabschluss der Krankenschwester in Deutschland anerkannt war, dauerte es eine ganze Weile. Sie musste neun Monate lang unentgeltlich arbeiten, um weitere Praxiserfahrung zu sammeln, obwohl sie in der Ukraine bereits 17 Jahre lang als Intensivkrankenschwester gearbeitet hatte. Mit der Frage, wie es geflüchtete Frauen aus der Ukraine bei der Integration in den Arbeitsmarkt in diesem Jahr einfacher haben können, beschäftigen sich derzeit Arbeitsmarktforscher intensiv.

Die Voraussetzungen für eine Integration in der Arbeitsmarkt ukrainischer Frauen sieht Yuliya Kosyakova vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung als günstig an. Das Bildungsniveau in der Ukraine sei recht hoch. Allerdings sei die Anerkennung von Berufsabschlüssen der Frauen gelegentlich „tückisch“. So könne etwa eine Anwältin mit guten Kenntnissen im ukrainischen Recht in Deutschland nur schwer direkt einen Job finden, eine Mathe-Lehrerin aber vergleichsweise schnell. Zunächst seien aber ohnein vor allem Investitionen in Kinderbetreuung und Sprachkurse nötig.

Die Sozialwissenschaftlerin Ildiko Pallmann vom Minor Projektkontor für Bildung und Forschung sieht die Gefahr, dass der Wunsch vieler Ukrainerinnen, rasch einen Job zu finden, zu ausbuterischen Arbeitsverhältnissen führe. Es kämen Frauen in die Beratungsstellen, denen ein Vollzeitjob als Kosmetikerin für 1000 Euro brutto monatlich angeboten worden sei. Sie erkundigten sich, ob das ein normaler Lohn sei. Zudem wollten Subunternehmen aus den Branchen Lagerlogistik oder Fleischindustrie billige Arbeitskräfte anheuern. Wenn Frauen zunächst unterhalb ihrer Qualifikation jobben wollten, dürfe man sie nicht aus den Augen verlieren, um die später angemessen zu vermitteln, sagt Pallmann.

Menschen, die 2015 und 2016 nach Deutschland kamen, arbeiteten laut Kosyakova heute noch zu 30 Prozent unter ihrer Qualifikation. Die Arbeitsmarktforscherin empfahl, die Bleibeperspektive auf drei Jahre zu verlängern. Andernfalls würden die Betroffenen weniger in Integration investieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort