Klage von Dyson Gericht stellt Kennzeichnung von Elektrogeräten in Frage

Brüssel · Der britische Staubsaugerhersteller Dyson hat gegen Vorgaben der EU geklagt - und gewonnen. Das Urteil stellt die Kennzeichnung des Strombedarfs von Elektrogeräten in Frage.

Die Verbraucher haben sich an die bunten Aufkleber längst gewöhnt: Beim Kauf eines neuen Elektro-Gerätes wie Geschirrspüler, Kühlschrank oder Waschmaschine zeigen die Etiketten den Stromverbrauch an – von grün (A) bis tiefrot (G). Doch nun stehen viele Staubsauger nach Jahren wieder ohne Aufkleber bei den Händlern. Die Brüsseler EU-Kommission hat die Berufungsfrist gegen ein höchstrichterliches Urteil verstreichen lassen – und damit dem britischen Hersteller Dyson einen Sieg auf ganzer Front beschert.

Dieser hatte nämlich schon 2015 gegen die entsprechende EU-Vorgabe geklagt, weil die benutzten Prüfverfahren falsche Ergebnisse bringen würden. Im Kern geht es um den „Kampf“ zwischen Saugern mit und ohne Beutel. Letztere gehören zum Kerngeschäft des britischen Herstellers. Er hatte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) argumentiert, dass die vorgeschriebenen Testverfahren zur Ermittlung des Stromverbrauchs mit leeren Beuteln durchgeführt werden. Und selbst die Richter in Luxemburg konnten nachvollziehen, dass dies bestenfalls selten der Fall ist.

Verfahren zur Ermittlung des Strombedarfs umstritten

Solche Tests entsprächen nicht den Voraussetzungen, „die den tatsächlichen Bedingungen des Gebrauchs so nah wie möglich kommen“, urteilten die Richter. Hintergrund: Der effektive Energieverbrauch liegt nämlich bei halbvollen oder vollen Beuteln deutlich höher. Da die Kennzeichnung für den Verbraucher aber verlässlich sein müsse, liege tatsächlich eine Irreführung der Kunden vor, meinten die Luxemburger Juristen. Die Europäische Kommission hätte gegen das Urteil Einspruch einlegen können, unterließ das aber. Stattdessen sitzen die Technik-Fachleute der Behörde nun daran, die Richtlinie zu überarbeiten. Der Fall würde wahrscheinlich keine Wellen schlagen, wenn die Zweifel an den Verfahren zur Ermittlung der Verbrauchswerte nicht schon mehrfach Gegenstand heftiger Diskussionen gewesen wären. So ermittelte beispielsweise die Stiftung Warentest, dass Hersteller von Kühlschränken lange den Strombedarf ihrer Produkte am Beispiel eines Junggesellen-Haushaltes testeten: wenig drin und nur selten benutzt. Dass dabei vergleichsweise niedrige Energiewerte herauskamen, konnte kaum überraschen.

Auch bei Waschmaschinen gab es offenbar lange Jahre diverse Tricks, um den Verbrauch zu schönen. In einigen Laboren wurde der Stromverbrauch bei einem 60-Grad-Öko-Programm gemessen, das die Hersteller entsprechend optimiert hatten. Dass die Wäsche bei einer solchen Einstellung aber bis zu vier oder fünf Stunden rotiert und unterm Strich entsprechend mehr Energie verbraucht wird, merkten viele Kunden erst nach dem Kauf.

Hinter den Kulissen der Kommission wird deshalb inzwischen darüber nachgedacht, die ganze Richtlinie von 2012 noch einmal auf den Prüfstand zu stellen, um sicher zu sein, dass die vorgeschriebenen Testverfahren auch wirklich den Herausforderungen im Alltag entsprechen – und die Angaben auf den Labels korrekt sind. Schließlich hatte die EU erst vor zwei Jahren die Aufkleber runderneuert und die früheren Verbrauchsklassen, die immer neuer Erweiterungen bedurften (zum Beispiel A+++), abgeschafft.

Der jetzige Vorfall könnte allerdings, sollten auch andere Hersteller von der Dyson-Klage angesteckt werden, eines der Kernvorhaben der EU im Bereich der Energieeffizienz in Frage stellen – und aus den Labels lediglich nichtssagende Aufkleber machen.

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