Abbau in der Kraftwerkssparte Görlitz-Werk: Siemens-Chef rückt weiter von Schließung ab

München/Berlin · Im sächsischen Görlitz wackeln nicht nur Siemens-Jobs. Auch im dortigen Bombardier-Werk laufen Umstrukturierungen. Zusätzlich beunruhigt die Lausitz das Zurückfahren der Braunkohleverstromung. Zumindest für die Siemens-Beschäftigten keimt nun neue Hoffnung.

 Siemens Mitarbeiter protestieren bei einer Demonstration im November 2017 gegen die Schließung des Werkes in Görlitz:

Siemens Mitarbeiter protestieren bei einer Demonstration im November 2017 gegen die Schließung des Werkes in Görlitz:

Foto: Nikolai Schmidt/Archiv

Siemens-Chef Joe Kaeser rückt weiter von der ursprünglich geplanten Schließung des Standortes im sächsischen Görlitz ab.

Auf die Frage, ob das Werk in Görlitz doch nicht geschlossen werde, sagte er der "Süddeutschen Zeitung": "Wenn überhaupt, dann wäre das nicht vor 2023. Was danach ist, müssen wir sehen." Schon am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos hatte Kaeser gesagt: "Wir werden Görlitz nicht fallen lassen."

Der Siemens-Chef präzisierte nun auch Überlegungen für ein "Industriekonzept Oberlausitz", die er bereits am Mittwoch am Rande der Siemens-Hauptversammlung als mögliche Lösung für den Standort ins Spiel gebracht hatte. "Es geht uns dabei nicht nur um unser Werk und die Arbeitsplätze dort. Es geht um eine ganze Region", sagte Kaeser. Er habe bereits mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) darüber gesprochen. "Wir sind uns einig, dass neben der Wirtschaft auch Bund und Land hier einen Beitrag leisten müssen."

Regierungschef Kretschmer erklärte dazu: "Wir arbeiten an einer Strategie für den Strukturwandel in der Lausitz. Die Absichten aus den Koalitionsverhandlungen machen Hoffnung. Der Bund soll sich langfristig engagieren und Ländern und Kommunen helfen." Er sehe viele Chancen für die Lausitz. Es sei jedoch ein langer Atem nötig. "Wir sprechen über eine Generationenaufgabe die sicher drei Jahrzehnte dauern wird, aber es braucht auch kurzfristige Antworten auf aktuelle Entwicklungen."

Konkret nannte Kaeser in der "Süddeutschen Zeitung" die Möglichkeit, Bildung zu fördern und bei der Ansiedlung neuer Technologien zu helfen. Er wies allerdings auch darauf hin, dass nicht das Wohlergehen der ganzen Region von den Jobs im Siemens-Werk abhängen könne. "Ich verstehe die öffentliche Sorge und vor allem die Unsicherheit bei unseren Mitarbeitern", sagte er. "Aber Siemens muss fair behandelt werden und darf nicht als Buhmann für alle Strukturprobleme herhalten."

Der Standort in Görlitz gehört zur Kraftwerkssparte, in der Siemens weltweit rund 6900 Arbeitsplätze abbauen will, davon etwa die Hälfte in Deutschland. In Görlitz stehen mit den bislang angekündigten Standortschließungen rund 720 Jobs auf der Kippe. Hintergrund für die Pläne ist nach Unternehmensangaben der schrumpfende Markt für konventionelle Kraftwerkstechnik.

Nach Bekanntwerden der Pläne Mitte November hatten Ministerpräsidenten betroffener Länder bei Kaeser Protest zu Protokoll gegeben, Wirtschaftsminister trafen sich in Berlin mit Siemens-Managern, die IG Metall und Betriebsräte laufen seit Wochen Sturm gegen die Abbaupläne. Zu den anderen gefährdeten Siemens-Standorten äußerte sich Kaeser nicht. In Sachsen stand neben Görlitz der Standort Leipzig mit rund 200 Jobs auf der Schließungsliste. Einschnitte sind früheren Angaben zufolge auch in Berlin, Offenbach und Erfurt geplant.

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