Wachstum unerwartet niedrig Handelskrieg mit USA bremst China

Peking · Der Handelskrieg mit den USA zeigt erste Spuren in China. Die Zeiten sind so schlecht wie seit der Weltfinanzkrise vor zehn Jahren nicht mehr. Neue Gefahren drohen - auch für deutsche Unternehmen.

 Voll automatisiertes Containerschiffterminal im chinesischen Yangshan.

Voll automatisiertes Containerschiffterminal im chinesischen Yangshan.

Foto: Xu Congjun/SIPA Asia/ZUMA Wire

Der Handelskrieg mit den USA bremst Chinas Wachstum. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wuchs in den vergangenen drei Monaten mit 6,5 Prozent langsamer als erwartet.

So schwach war Chinas Wirtschaftswachstum zuletzt Anfang 2009 nach Ausbruch der globalen Finanzkrise. Als Gründe wurden die Strafzölle der USA, die mangelnde Zuversicht, aber auch der Kampf der Regierung in Peking gegen Finanzrisiken und die ausufernde Verschuldung genannt. Die Aussichten sind eingetrübt: Deutsche Exporteure, Autobauer und andere Investoren müssen sich auf schlechtere Zeiten in China einstellen.

Der Rückgang des Wachstums überraschte. Im ersten Quartal waren noch 6,8 Prozent erreicht worden, im zweiten dann 6,7 Prozent. "Zugleich müssen wir auch sehen, dass die externen Herausforderungen deutlich zugenommen haben", sagte der Sprecher des Statistikamts, Mao Shengyong. "Der Abwärtsdruck ist größer geworden."

Das bisherige Wachstum liegt gleichwohl weiter über der vorsichtigen Vorgabe der Regierung von rund 6,5 Prozent für das Gesamtjahr. Auch muss beim Vergleich zur Finanzkrise vor knapp zehn Jahren (1. Quartal 2009: 6,1 Prozent) berücksichtigt werden, dass Chinas Wirtschaft damals nicht einmal halb so groß war wie heute.

Trotzdem ist die Sorge groß. Noch vor Bekanntgabe der Wachstumszahlen versuchten Zentralbankchef Yi Gang in einer konzertierten Aktion mit den Leitern der Banken- und Börsenaufsicht, demonstrativ Zuversicht zu verbreiten. "China gegenwärtige wirtschaftliche Grundlagen sind gut", beschwor Yi Gang. Das Wachstumspotenzial sei groß. Der oberste Bankenaufseher Guo Shuqing sprach von "abnormalen Fluktuationen" an den Aktienmärkten, die nicht zur stabilen Entwicklung passten.

Die Aussagen der Finanzaufseher ermutigten die Anleger. Die nervösen Börsen in Shanghai und Shenzhen legten am Freitag deutlich mehr als zwei Prozent zu. Es war seltene Zuversicht. Chinas Aktienmarkt zählt dieses Jahr zu den schwächsten weltweit. Seit Januar hat der Aktienindex CSI 300 etwa 30 Prozent eingebüßt.

Die letzte gute Nachricht war die unerwartet robuste Entwicklung des Außenhandels im dritten Quartal. Da viele Exporteure aber vor allem den Sonderzöllen der USA zuvorkommen wollten, dürften sich die Ausfuhren demnächst abschwächen. Der Großteil der US-Sonderabgaben auf Importe aus China war auch erst Ende September in Kraft getreten, so dass sich der Handelskrieg erst in den kommenden Monaten richtig auswirken wird. Im letzten Quartal des Jahres erwarten Experten der australischen ANZ-Bank daher nur noch ein Wachstum von 6,3 Prozent.

Um die Entwicklung 2019 relativ stabil zu halten, hat die Regierung schon die Geld- und Haushaltspolitik gelockert. "Die chinesische Regierung fürchtet einen starken wirtschaftlichen Abschwung", sagte Max Zenglein vom China-Institut Merics in Berlin. Es werde versucht, dem Wachstum etwa durch Infrastrukturprojekte neue Impulse zu geben. Dadurch drohten aber neue Gefahren: Die Bemühungen, die Risiken im Finanzsystem zu bekämpfen, könnten ins Stocken geraten.

Durch den Handelskrieg und die hohe Verschuldung sei China "mit einer Kombination von externen und internen Risikofaktoren konfrontiert", sagte Zenglein. Peking sei zum Handeln gezwungen. "Damit wird klar, dass die Widerstandsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft sinkt." Die Zeichen sind unübersehbar: Die Industrieproduktion im produzierenden Gewerbe wächst seit fünf Monaten in Folge langsamer. Der Kampf gegen Verschuldung und Finanzrisiken verteuert die Kredite für Unternehmer.

Das Wachstum im Einzelhandel wird schwächer. Autoverkäufe fielen im September den dritten Monat in Folge und könnten in diesem Jahr erstmals in fast drei Jahrzehnten sogar zurückgehen. Davon wären auch die deutschen Autobauer betroffen, die für ihr Wachstum zunehmend vom weltweit wichtigsten Automarkt in China abhängig sind.

Die Zuversicht der Marktteilnehmer sinke, warnte Liu Yuanchun, Wirtschaftsprofessor der Pekinger Volksuniversität. "Die Wirtschaft ist beeinträchtigt durch eine langsameren Trend bei Investitionen und im Konsum." Er beschrieb die Wirtschaft zwar als "ziemlich stabil und weitgehend kontrollierbar", rechnet aber auch damit, dass sich der Handelskrieg im vierten Quartal noch spürbarer auswirken wird.

US-Präsident Donald Trump hatte Importe aus China im Wert von 250 Milliarden US-Dollar mit Sonderzöllen belegt - etwa die Hälfte der chinesischen Ausfuhren in die USA. Trump droht mit einer weiteren Eskalation, indem er die Zölle noch erhöht. Er fordert von Peking eine größere Marktöffnung, ein Ende staatlicher Subventionen und ein wirksames Vorgehen gegen Technologieklau.

Als Vergeltung hat China Sonderzölle auf Einfuhren aus den USA im Wert von 110 Milliarden US-Dollar verhängt. Wesentlich mehr geht nicht, weil die USA 2017 nur für rund 130 Milliarden US-Dollar nach China exportiert haben. Die Gespräche zwischen beiden Seiten liegen auf Eis - jeder wartet offenbar auf ein Entgegenkommen des anderen.

Alle blicken jetzt auf den Gipfel führender Wirtschaftsnationen (G20) am 30. November und 1. Dezember in Buenos Aires in Argentinien. Da werden sich der selbst ernannte "Dealmaker" Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wieder persönlich treffen.

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