Studie Handwerksfirmen ohne Meister geben eher auf

Düsseldorf · Die Lockerung des Meisterzwangs ist umstritten, und sie hat wohl nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Ein Gutachten unterstützt das Handwerk bei dessen Forderung, die Meisterpflicht in mehreren Berufen wieder einzuführen.

 Dachdecker bei der Arbeit nach einem Sturm: Im Sommer 2018 gab es in Deutschland insgesamt 571.000 zulassungspflichtige und 246.000 zulassungsfreie Handwerksbetriebe.

Dachdecker bei der Arbeit nach einem Sturm: Im Sommer 2018 gab es in Deutschland insgesamt 571.000 zulassungspflichtige und 246.000 zulassungsfreie Handwerksbetriebe.

Foto: picture alliance / Jens Büttner/

Die Lockerung des Meisterzwangs vor 15 Jahren hat offenbar nicht die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung gewünschte Wirkung erzielt. Trotz eines massiven Booms und zahlreicher Neugründungen in den zulassungsfreien Berufen gaben viele Betriebe aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks und fehlender Qualität schon bald wieder auf. Das belegt ein neues Gutachten der Wettbewerbsökonomen Justus Haucap und Alexander Rasch, das die beiden Professoren der Universität Düsseldorf im Auftrag des Zentralverbands des Deutschen Handwerks angefertigt haben und das unserer Redaktion vorliegt.

Soll Meisterpflicht wieder eingeführt werden?

Derzeit wird im Handwerk darüber diskutiert, in ausgewählten Berufen die Meisterpflicht wieder einzuführen. Ein entsprechender Passus steht auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Das neue Gutachten ist auch insofern bemerkenswert, als Mit-Autor Haucap langjähriger Chef der Monopolkommission war, die sich erst Ende Januar kritisch über eine Wiedereinführung der Meisterpflicht geäußert hatte. Die Monopolkommission führte neben verfassungsrechtlichen Bedenken auch den Fachkräftemangel als Argument an. Dieser werde sich in einigen Handwerksberufen im Falle einer Rückkehr zur Meisterpflicht eher noch verschärfen. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hatte dagegen in einem Interview gesagt: „Wir können nicht jeden wild drauflos arbeiten lassen.“ Die Meisterpflicht werde zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit und fairen Marktbedingungen führen.

Argumentativen Rückenwind bekommt er von Haucap und Rasch. Demnach hat sich in den 53 Berufsgruppen, in denen der Meisterzwang aufgehoben wurde, die sogenannte Bestandsfestigkeit verringert. Dahinter verbirgt sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anbieter auch nach mehreren Jahren noch am Markt existiert. Das ist insofern entscheidend, als Kunden im Hier und Jetzt oft bei Gewerken nicht erkennen können, wie qualitativ hochwertig diese ausgeführt wurden. Das zeigt sich oft erst nach einigen Jahren. Schließlich haben die Auftraggeber weniger Expertenwissen als die Handwerker. Treten die Qualitätsprobleme erst mit zeitlicher Verzögerung auf, sei für die Frage der Gewährleistung wichtig, dass der Betrieb noch existiere, argumentieren die Autoren.

Hat Reform Wettbewerbsdruck erhöht?

Die Reform der Handwerksordnung habe „zu einem regelrechten Gründungsboom“ in den Berufen ohne Meisterzwang geführt. Das habe zu einem größeren Wettbewerbsdruck geführt, da die Nachfrage nicht im selben Umfang zugenommen habe. Während in den Berufen mit Meisterzwang noch 70,1 Prozent der Betriebe fünf Jahre nach ihrer Gründung existierten, waren es bei den Berufen ohne Meisterzwang gerade einmal 45,9 Prozent.

Neben dem hohen Druck durch Konkurrenz führen die Experten als Erklärung für die Standfestigkeit der Meisterbetriebe die erworbene Kompetenz eines Handwerksmeisters an. „Dies kann zum einen positiv für die Qualität der Leistungen und damit die Kundenzufriedenheit sein.“ Zum anderen argumentieren sie damit, dass der Meister ja bereits Geld in seine Ausbildung gesteckt habe und deswegen weniger schnell aufgebe.

Zudem zeigt sich den Gutachtern zufolge insbesondere in den vergangenen zehn Jahren in den zulassungsfreien Handwerken ein stärkerer Rückgang der Ausbildungsleistungen als in den zulassungspflichtigen, in denen zudem seit 2015 eine Stabilisierung der Ausbildungszahlen zu beobachten sei, während die Anzahl in den anderen Handwerken weiter rückläufig sei. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Manfred Todtenhauser forderte mit Blick auf die Europawahlen, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) müsse jetzt auch in Europa für den Meisterbrief werben.

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