Verdacht auf illegale Marktmanipulation In den Fall Wirecard kommt Licht

München · Die Bafin erstattet Anzeige gegen ein Spekulantennetzwerk, das schon mal im Fokus der Staatsanwälte stand. Journalisten und Informanten sind angezeigt worden.

 Wirecard ermöglicht kontaktloses Bezahlen mit dem Smartphone.

Wirecard ermöglicht kontaktloses Bezahlen mit dem Smartphone.

Foto: picture alliance/dpa

Es gibt nicht viel, was schwerer nachzuweisen ist als illegale Spekulationen gegen den Aktienkurs von Unternehmen. Vor drei Jahren hat es die Staatsanwaltschaft München versucht. Betroffen war der Zahlungsdienstleister Wirecard. Von damals 39 Beschuldigten übrig geblieben sind am Ende zwei Personen. Gegen den einen wurde das Verfahren gegen eine Geldzahlung eingestellt, gegen den anderen Strafbefehl erlassen, über den noch nicht final entschieden ist. 2019 ist Wirecard erneut ins Ziel von Spekulanten geraten, wobei immer mehr wie ein Déjà-vu wirkt. Nicht nur die Mechanismen ähneln sich.

Im aktuellen Fall setzte seit Ende Januar die britische Finanzzeitung Financial Times (FT) das heutige Dax-Unternehmen mit einer Serie von Artikeln unter Druck. In Singapur soll ein führender Wirecard-Manager Scheinumsätze erzeugt und die Bilanzen geschönt haben. Wirecard dementiert, verklagt FT und deren Autor (Dan McCrum) auf Schadenersatz und präsentiert ein Rechtsgutachten, mit dem sich das Unternehmen als entlastet ansieht.

Als Befreiungsschlag lässt das der Markt aber nicht gelten. Gut 160 Euro hat eine Wirecard-Aktie vor den FT-Berichten gekostet. Heute sind es 122 Euro. Zeitweise waren gut acht Milliarden Euro Börsenwert vernichtet. Nun aber hat die deutsche Finanzaufsicht Bafin ein starkes Indiz dafür geliefert, dass der Dax-Konzern aus Aschheim bei München das Opfer von Spekulanten ist.

Bei der Staatsanwaltschaft München hat sie Anzeige gegen mehrere Personen wegen Verdacht auf illegale Marktmanipulation in Form einer Short-Attacke erstattet.

Um das zu verstehen, muss man wissen, wie ein solcher Angriff funktioniert. Er bedarf Spekulanten und einer kursschädigenden Nachricht. Erstere leihen sich dabei gegen Gebühr Aktien eines Unternehmens. Das ist an sich legal und eine gängige Börsenwette, in der Short-Variante eine auf fallende Kurse. Illegal wird es, wenn Spekulanten darauf vertrauen können, dass die Aktie fällt, weil sie vom Erscheinen einer kursschädigenden Nachricht wissen. Nachdem das Papier danach gefallen ist, kaufen es die Spekulanten billig zurück, geben das ausgeliehene Papier wieder seinem Besitzer und streichen risikolos den Gewinn ein.

2016 gab es bereits Verdachtsmomente

Vor drei Jahren im Wirecard-Altfall war es eine Analyseplattform namens Zatarra, die kritische Berichte veröffentlicht hat, 2019 die FT. Verdachtsmomente, sich an einer Marktmanipulation beteiligt zu haben, weist die FT zurück.

Gut möglich ist, dass es noch mehr solche Überschneidungen handelnder Personen gibt. Die Bafin hat namentlich bislang eine gute Handvoll Personen angezeigt – Journalisten und Spekulanten. Dazu kommen weitere noch Unbekannte. Komplett aus dem Schneider wäre Wirecard damit immer noch nicht. Zum einen räumt das Unternehmen ein, dass sich einzelne lokale Wirecard-Mitarbeiter in Singapur strafbar gemacht haben könnten. Auch an die Öffentlichkeit gelangte Chatprotokolle eines Gesprächs zwischen Wirecard-Justitiaren in Singapur und der Konzernzentrale sähen Zweifel.

Die Bafin wird diese Woche noch ein zweites Mal für Aufsehen im Fall Wirecard sorgen. Am Gründonnerstag um Mitternacht läuft die zweimonatige Frist aus, mit der sie Mitte Februar Spekulationen auf fallende Kurse des Zahlungsdienstleisters verboten hat. Die Behörde kann die Frist verlängern oder sie stillschweigend auslaufen lassen. Wie sie entscheidet, gibt die Bafin mit keiner Silbe zu erkennen. Die Anzeige gegen das Spekulantennetzwerk sei kein Argument in die eine oder andere Richtung, sagt eine Bafin-Sprecherin.

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