Start-up-Investor Interview mit Lakestar-Gründer Klaus Hommels

Düsseldorf · Klaus Hommels gehört zu den wichtigsten Risikokaptialgebern Europas. Früh investierte er in Facebook und Co. Ein Gespräch über Start-ups, marktbeherrschende Unternehmen und den richtigen Riecher.

 Er erkannte früh das Potenzial von Facebook: Start-up-Investor Klaus Hommels.

Er erkannte früh das Potenzial von Facebook: Start-up-Investor Klaus Hommels.

Foto: picture alliance / Jens Kalaene/

Herr Hommels, gerade haben Sie von Zürich aus einen 800-Millionen-Dollar-Fonds aufgelegt, mit dem Sie in Start-ups investieren. Stimmt es, dass Sie Ihr erstes Investment am Niederrhein getätigt haben?

Klaus Hommels: Das stimmt. Meine Oma hat mir als Jugendlichem irgendwann mal 20 000 Mark gegeben. Ich habe mir damals Puma-Aktien gekauft und innerhalb von drei Monaten hatte ich 100 000 Mark beisammen. Da dachte ich mir: Okay, das ist ja eine dufte Sache. Mit zwei Telefonanrufen 100 Jahre Taschengeld – das lohnt sich.

Was haben Sie mit dem Geld gemacht?

Hommels:(lacht) Ich habe es geschreddert. Aber mein Interesse an Wirtschaft war geweckt.

Heute vertrauen Ihnen Leute wie Alibaba-Gründer Jack Ma Millionen an. Wie überredet man die?

Hommels: Es waren viele glückliche Zufälle. Wenn man ein-, zweimal bei Investments Glück gehabt hat, denken die Leute, man weiß, was man tut – und dann wird es immer einfacher. Inzwischen können wir bei Lakestar mit ein bisschen Anstrengung bis zu 200 Millionen pro Start-up investieren. Das ist ja auch nötig.

Inwiefern?

Hommels: Ich möchte, dass die guten europäischen Firmen auch europäisch finanziert sind – oder dass zumindest im Aufsichtsrat eine starke europäische Machtposition bleibt. Sonst entscheiden dort nur noch Amerikaner oder Chinesen. Dabei brauchen wir diese Firmen hier.

Ist es nicht das gleiche, wenn Ihr Fonds Gelder von Jack Ma oder dem Staatsfonds aus Singapur anlegt?

Hommels: Nein. Die Hälfte der Investoren in unserem neuen Fonds kommt aus Europa.

Wann ist Ihnen aufgefallen, dass das Ungleichgewicht immer stärker wird?

Hommels: Die ersten großen Finanzierungsrunden gab es in Europa ja erst um das Jahr 2012 herum. Irgendwann war klar, dass wir gewisse Runden noch nicht mitgehen konnten, umgekehrt habe ich gesehen, dass stattdessen immer ausländische Investoren zum Zuge kamen. Heute ist das nicht anders – die großen Runden machen immer die gleichen ausländischen Investoren.

Wie viel Geld wäre denn nötig?

Hommels: Die richtig großen Start-ups haben im Schnitt 2,2 Milliarden Dollar von Investoren bekommen, bei Start-ups, die es an diWIr Börse geschafft haben, waren es im Schnitt immer noch 250 Millionen Dollar. Wenn wir diese Größenordnungen nicht anpeilen, werden wir auch keine großen Digitalunternehmen bekommen, ganz einfach.

Woher kommt das Geld in den USA?

Hommels: Dort gibt es Hochschulen wie Stanford oder Harvard, die Milliarden-Vermögen verwalten und in Risikokapital-Fonds investieren, dazu noch Pensionskassen und Versicherungen. Das gibt es in Europa nicht. Um das Rad hier in Bewegung zu setzen, müssen wir deshalb einen staatlichen Anschub geben. Im Gegensatz zu der Förderung fossiler Brennstoffe und Co. wäre das sogar eine der Finanzierungen, die sich am Ende rechnet und auch noch Gewinne bringt.

Wenn Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagt, wir müssen unsere Schlüsselunternehmen wie Siemens stärken, würden Sie also sagen: Richtiger Ansatz, aber falsche Industrie?

Hommels: Ich würde es anders formulieren. Der Effekt, den Risikokapital erzielt, ist für einen Politiker in seiner Wahlperiode weniger relevant, als wenn er hingegen eine Industrie mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen unterstützt. Letzteres hat direkt einen wahlkampfrelevanten Effekt. Das ist das Problem.

Müssen es am Ende Steuergelder sein? Es gibt ja auch genügend Milliardäre in Europa, die Anlagemöglichkeiten für ihr Geld suchen.

Hommels: Theoretisch richtig, aber die meisten Reichen in Europa legen ihr Geld traditionell sehr konservativ an. Das wandelt sich langsam, aber wir haben keine Zeit, um diese Entwicklung abzuwarten. Wenn wir jetzt noch fünf bis sechs Jahre den digitalen Autisten spielen, ist ziemlich viel an uns vorbeigegangen.

Ihnen wird nachgesagt, die großen Trends früher als andere zu erkennen. Wie identifizieren Sie ein interessantes Unternehmen?

Hommels: Es muss immer einen Wow-Effekt geben. Auch wenn man dann mal Geld verliert, weil man mit einer Idee zu früh am Markt ist, ist das okay. Wenn man das nicht machen würde, wäre man am Ende auch nicht an den Dingern beteiligt, die durch die Decke gehen.

Ist Facebook ein Unternehmen, wo Sie „Wow“ gedacht haben und jetzt nur noch „Oh Gott“ denken?

Hommels: Als ich 2007 eingestiegen bin, war an das alles noch nicht zu denken. Erst nach dem Börsengang, als wir verkauft haben, sah man so richtig, wo die Reise hingeht.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat angekündigt, die Privatsphäre der Nutzer künftig in den Mittelpunkt zu stellen.

Hommels: Er hat auch der EU gesagt, dass es technisch nicht möglich sei, die Daten von Whatsapp und Facebook zusammenzulegen – und, Überraschung, dann haben sie es doch hingekriegt. Das ist ein Beispiel dafür, wie die großen Tech-Firmen ihre Glaubwürdigkeit verwirkt haben.

Ist Facebook gefährlich für Europa?

Hommels: Der Facebook-Algorithmus ist viel mächtiger als alle Wahlplakate, die man irgendwo an Bäume nagelt. Wenn man da nicht als Staat hart eingreift, riskiert man die politische Willensbildung im eigenen Land. Wohin das führt, haben wir in England und den USA gesehen. Im Grunde dürfen wir keinen Tag mehr warten.

Als Investor profitieren Sie davon, wenn die Plattformen mächtiger werden, als Bürger sind Sie besorgt. Ein Dilemma?

Hommels: Das sehe ich nicht so, mir ist eine ausgewogenere Wettbewerbslandschaft als Investor viel lieber. Die Polarisierung der Macht hilft kleineren Firmen ja auch nicht. Mir ist wichtig, dass die Plattformen nicht missbräuchlich genutzt werden. Wir brauchen einfach gleiche Bedingungen für alle.

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