„Natürlich sind wir mit der Aktie nicht glücklich“ Interview mit Thyssenkrupp-Chef über die Zukunft

Essen · Guido Kerkhoff übernahm Thyssenkrupp im Sommer 2018 in unruhigen Zeiten als Vorstandschef. Die Aufspaltung des Konzerns in zwei Unternehmen steht bevor. Doch zunächst ist am Freitag Hauptversammlung.

 Schweres Erbe: Der ehemalige Telekom-Manager Guido Kerkhoff ist seit Juli 2018 Vorstandschef von Thyssenkrupp.

Schweres Erbe: Der ehemalige Telekom-Manager Guido Kerkhoff ist seit Juli 2018 Vorstandschef von Thyssenkrupp.

Foto: dpa

Hinter dem Konzern liegt ein Horrorjahr. Vorstands- und Aufsichtsratschef haben hingeworfen, die Zahlen lassen zu wünschen übrig. Wird 2019 besser?

Guido Kerkhoff: Wir haben 2018 wegweisende Entscheidungen für die Zukunft des Konzerns getroffen – mit dem Stahl-Joint-Venture und der Teilung des Unternehmens. Natürlich befinden wir uns in einem wirtschaftlich nicht leichten Umfeld, sind aber jetzt gut aufgestellt.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Großaktionären jenseits der Krupp-Stiftung?

Kerkhoff: Wir haben für unsere Teilungspläne von den Aktionärsvertretern im Aufsichtsrat die volle Zustimmung bekommen. Auch die Arbeitnehmer haben geschlossen zugestimmt. Das galt im Übrigen auch für meine Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden. Insofern würde ich sagen, das Verhältnis ist gut. Und unsere Pläne kommen auch an den Märkten gut an.

Tatsächlich? Die Aktie lag Anfang Januar bei schwachen 14,42 Euro.

Kerkhoff: Natürlich sind wir mit dem Kurs derzeit nicht glücklich. Aber der Aktienkurs hat sich seit der Bilanzpressekonferenz besser entwickelt als der Dax oder die Kurse unserer Wettbewerber. Der Einstieg von neuen Aktionären wie Harris Associates und dem Staatsfonds von Singapur, die unseren Kurs unterstützen und heute fast zehn Prozent am Konzern halten, zeigen, dass Thyssenkrupp bei langfristigen Investoren als interessante Anlage wahrgenommen wird.

Keine Sorge, dass sich da eine Phalanx der aktivistischen Investoren gegen Sie bilden könnte, die auf eine Zerschlagung pochen?

Kerkhoff: Wir sind mit allen Investoren, die mehr als drei Prozent halten, regelmäßig im Gespräch. Elliott zählt übrigens nicht dazu.

Gibt es keine Kontakte zu Elliott?

Kerkhoff: Es gab ein kurzes Schreiben, aber wie gesagt: Mit all denen, die mehr als drei Prozent halten, sind wir in einem guten Dialog.

Die Hauptversammlung soll am Freitag Martina Merz bestätigen, die anschließend zur künftigen Aufsichtsratschefin gewählt werden soll. Wie haben Sie Ihre neue Chefkontrolleurin bislang erlebt?

Kerkhoff: Ich sehe der Zusammenarbeit sehr positiv entgegen. Sie ist erfahren in Industrie- und Aufsichtsratsangelegenheiten. Wir haben uns bereits kennengelernt, und ich hatte sofort ein sehr gutes Gefühl. Und Sie unterstützt unsere Strategie nach vorne, den Konzern zu teilen …

…die dafür sorgt, dass sich Thyssenkrupp aus dem Dax verabschieden muss.

Kerkhoff: Früher hätte man gesagt, ein Abstieg in den M-Dax erschwert die Suche nach Investoren. Die Zeiten sind aber lange vorbei. Hier geht es nicht um Eitelkeiten, sondern darum, die Unternehmen gut für die Zukunft aufzustellen. Nach heutigen Verhältnissen dürfte die Thyssenkrupp Industrials AG knapp unterhalb des Dax angesiedelt sein. Und auch die Thyssenkrupp Materials AG, die Rechtsnachfolgerin der alten Thyssenkrupp AG, wird nach heutigen Maßstäben ihre Heimat im M-Dax finden. Damit haben beide Unternehmen eine gute Ausgangsposition.

Zum 1. Oktober sollen beide Unternehmen operativ selbstständig aufgestellt sein. Sind Sie im Zeitplan?

Kerkhoff: Ja, wir sind voll im Plan, eine der schnellsten Teilungen der deutschen Industriegeschichte auf die Beine zu stellen. Mir ist aber wichtig, dass wir das sorgfältig und gründlich machen und unsere Mitarbeiter dabei mitnehmen. Ich sehe im Moment nichts, was den Zeitplan gefährden könnte.

Wie steht es um die Standorte?

Kerkhoff: Essen bietet genug Platz für beide Unternehmenszentralen. Vorstellbar ist, dass beide auf dem Thyssenkrupp-Campus bleiben.

Was halten Sie davon, wenn auch die Aufzugssparte herausgelöst würde, um die chronisch dünne Eigenkapitaldecke zu stärken?

Kerkhoff: Nichts. Das Thema Eigenkapital adressieren wir ja mit der Teilung. Elevator kann sich als Bestandteil von Industrials viel besser weiterentwickeln und seine Performance verbessern. Wir wollen in diesem Jahr wieder bei der Marge gegenüber dem Vorjahr wachsen. Das Ziel bleibt es, dass sie 2021 bei 13 Prozent und langfristig bei 15 Prozent liegt.

Welche kurzfristigen Schritte sind dafür geplant?

Kerkhoff: Nur ein Beispiel: Wir bauen unser Amerika-Geschäft komplett um. Wir werden unser Geschäft in Nord- und Südamerika entflechten, um schneller und flexibler zu werden und näher an den Kunden zu sein. Zudem wird es dort auch personelle Veränderungen auf der Führungsebene geben.

Wie steht es um einen Verkauf des Werkstoffhandels – etwa an KlöCo?

Kerkhoff: Der Handel wird ein elementarer Bestandteil von Thyssenkrupp Materials sein. Und das soll auch so bleiben.

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