Verdacht auf Erpressung bei Dax-Firma Ist Wirecard Opfer krimineller Machenschaften?

München · Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Dax-Konzern mit Negativberichten unter Druck gesetzt werden sollte.

 Die Firmenzentrale von Wirecard in Aschheim in Bayern.

Die Firmenzentrale von Wirecard in Aschheim in Bayern.

Foto: dpa

Die Serie der Kursstürze beim Dax-Konzern Wirecard aus Aschheim bei München bekommt immer mehr Züge eines ausgemachten Wirtschaftskrimis. So bestätigt die in der Sache wegen illegaler Marktmanipulation ermittelnde Staatsanwaltschaft München, dass sie mittlerweile Erpressungsvorwürfen nachgeht.

„Wir haben ernstzunehmende Informationen von Wirecard erhalten, dass eine neue Shortattacke geplant ist und dass mit viel Geld versucht wird, Medienberichterstattung zu beeinflussen“, bestätigte eine Justizsprecherin in München auf Anfrage. Demnach sollte Wirecard „viel Geld“ zahlen, um neue Negativberichte in Zeitungen zu verhindern. Das erklärt rückwirkend auch, warum die deutsche Finanzaufsicht Bafin vorige Woche bestimmte Spekulationen mit der Wirecard-Aktie verboten hat.

Dieser Schritt ist von Experten vielfach kritisiert worden, wird aber nun ein Stück weit nachvollziehbar. Die Bafin hatte am Montag voriger Woche für zwei Monate verboten, dass im In- oder Ausland neu auf fallende Kurse des Zahlungsdienstleisters spekuliert wird und das mit drohendem Vertrauensverlust in heimische Finanzmärkte begründet. In diese Entscheidung seien auch die Erpressungsvorwürfe als „ein Baustein“ eingeflossen, erklärt eine Bafin-Sprecherin nun.

Noch nie zuvor in der deutschen Finanzgeschichte hat die Finanzaufsicht für eine einzelne Aktie ein solches Spekulationsverbot erlassen.

Was an den Erpressungsvorwürfen von Wirecard dran ist, müssen nun Justiz und Aufsichtsbehörden herausfinden, was Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern dürfte. Dazu bedarf es nach Lage der Dinge internationaler Amts- und Rechtshilfe, weil die Spuren auch nach Großbritannien führen.

Klar ist, dass Münchner Staatsanwälte am 15. Februar durch Wirecard von einem mutmaßlichen Erpressungsversuch informiert wurden und die Bafin am folgenden Montag dann das Spekulationsverbot erlassen hat. Justiz und Bafin haben folgende Details noch nicht bestätigt: Eine unbekannte Person soll in Großbritannien versucht haben, dortige Journalisten mit Millionensummen zu bestechen, um für Wirecard negative Berichte zu lancieren. Gleichzeitig habe der mutmaßliche Erpresser dem Münchner Dax-Konzern angeboten, eben diese Berichte gegen Zahlung einer Millionensumme zu verhindern.

Die Wirecard-Aktie, die erst vorigen Herbst das Papier der Commerzbank aus dem Dax verdrängt hatte, ist seit Anfang des Monats in Schüben auf Talfahrt gegangen. Hintergrund waren mehrere Berichte in der angesehenen britischen Finanzzeitung Financial Times, wonach führende Wirecard-Mitarbeiter in Singapur die Bilanzen manipuliert hätten.

Wirecard hat jeden dieser Berichte umgehend als falsch und verleumderisch zurückgewiesen. Der Fall wurde als interne Fehde zwischen zwei Managern erklärt. Eine unabhängige Bestätigung dieser Sicht durch eine seit Monaten ermittelnde Anwaltskanzlei steht noch aus.

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