Aufschwung geht zu Ende? Kieler Institut und DIW senkten Wirtschaftsprognosen

Berlin/Kiel · Im Sommer gab es eine kalte Dusche für die Konjunktur. Geht der historisch lange Aufschwung der deutschen Wirtschaft nun zu Ende?

 Die Forscher sehen die Spätphase des Aufschwungs gekommen und senkten am Mittwoch ihre Wachstumsprognosen für das laufende und die beiden kommenden Jahre.

Die Forscher sehen die Spätphase des Aufschwungs gekommen und senkten am Mittwoch ihre Wachstumsprognosen für das laufende und die beiden kommenden Jahre.

Foto: Roland Weihrauch

Trotz des sommerlichen Dämpfers kann die deutsche Wirtschaft mit weiteren Wachstumsjahren bis zum Jahr 2020 rechnen. Das Wachstumstempo dürfte sich allerdings nach neuesten Prognosen spürbar abschwächen.

Sowohl das Berliner DIW, als auch das Kieler IfW schraubten ihre Erwartungen für das zu Ende gehende und das kommende Jahr nach unten. Die Gefahr einer Rezession sei aber gering, sagte DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen.

Unter dem Strich stehe die deutsche Wirtschaft nach wie vor vergleichsweise gut da. "Der Aufschwung trägt noch in das nächste Jahr, im Jahresverlauf 2019 dürfte aber allmählich der Abschwung einsetzen", sagte Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am IfW.

Die Forscher des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) erwarten für 2018 nur noch 1,5 Prozent Wachstum statt wie bisher 1,9 Prozent, in den Jahren 2019 und 2020 jeweils 1,8 Prozent, nach zuvor 2,0 und 1,9 Prozent. Das DIW senkte seine Prognose für das Wachstum der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent für dieses Jahr und um 0,1 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent für das kommende Jahr.

Auch die "Wirtschaftsweisen" hatten ihre Prognose heruntergesetzt. Sollte die deutsche Wirtschaft bis 2020 weiter zulegen, wäre 2020 das elfte Wachstumsjahr in Folge - eine ungewöhnlich lange Aufschwungphase, die nach dem Rezessionsjahr 2009 infolge der globalen Finanzkrise begann.

Im Gesamtjahr 2017 hatte die deutsche Wirtschaft ihre Leistung um 2,2 Prozent steigern können. Gebremst von Problemen in der Autoindustrie war sie indes im Sommer erstmals seit dreieinhalb Jahren wieder geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent. Für Unsicherheit sorgen derzeit vor allem die von US-Präsident Donald Trump angeheizten internationalen Handelskonflikte sowie der näherrückende Austrittstermin für den "Brexit". Außerdem stößt die Wirtschaft wegen der hohen Auslastung zunehmend an Wachstumsgrenzen.

Das DIW betonte, der Aufwärtstrend werde sich fortsetzen, wenn auch auf einem schwächeren Niveau. Die Bauwirtschaft brumme, die Arbeitsmarktlage sei stabil. Das mache sich zunehmend in den Portemonnaies der Arbeitnehmer bemerkbar. "Die Löhne steigen auch nach Abzug der Inflation, die in den kommenden Jahren bei etwa zwei Prozent liegen dürfte, um voraussichtlich mehr als ein Prozent pro Jahr. Davon profitiert der private Konsum", sagte DIW-Experte Simon Junker.

Das IfW wies auf zwei Sonderfaktoren hin, die die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte gebremst hätten: Neben den Produktions- und Auslieferproblemen der Autoindustrie wegen des Übergangs auf einen neuen Zulassungsstandard nennt das Institut die Einschränkung der Binnenschifffahrt wegen der niedrigen Wasserstände der Flüsse. Mit dem Wegfall dieser Faktoren gebe es Raum für einen Zwischenspurt im ersten Halbjahr 2019. Neben den Exporten, die nach den Prognosen der Experten wieder stärker Tritt fassen, werde der Konsum zur wichtigsten Triebkraft der Konjunktur - auch dank kräftiger Lohnzuwächse.

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