Kosten für Studierende steigen „Der Preishammer kommt erst noch“

Berlin · Immobilienexperten erwarten deutlich höhere Ausgaben für Studierende. Neben den Mietpreisen - so wie auch in Bonn - ziehen zudem die Nebenkosten kräftig an. Ein Grund dafür ist auch die Corona-Pandemie.

 Zimmer frei? Bei der WG-Suche müssen Studierende einen langen Atem haben – und das nötige Kleingeld.

Zimmer frei? Bei der WG-Suche müssen Studierende einen langen Atem haben – und das nötige Kleingeld.

Foto: dpa-tmn/Jens Schierenbeck

Auf viele der 2,95 Millionen Studierenden in Deutschland kommen drastisch höhere Ausgaben für Wohnen zu. So steigen die Nebenkosten, der Wettbewerb um kleine Wohnungen treibt die Mieten. Und die Lebenshaltung  wird teurer. „Studierende stehen im nächsten Jahr vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen“, sagte Uwe Schroeder-Wildberg, Chef des Finanzberaters MLP, die den Studentenwohnreport 2022 vorlegte. Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), formulierte drastischer. „Der Preishammer kommt erst noch.“

Zum einen verteuern sich Gas und Strom, weswegen Vermieter die monatlichen Abschläge für die Energie anheben. Zum anderen kommen 2023 hohe Nachzahlungen für 2022 auf die Studenten zu. Wer eine neue Unterkunft sucht, muss sich gleichzeitig auf höhere Nettomieten einstellen. Der Trend zeichnete sich schon im ersten Halbjahr 2022 ab.

Das IW hat sich im Auftrag von MLP zum vierten Mal die Wohnsituation von Studenten in 38 Städten angesehen. Untersucht wurden Wohnungen und WGs, keine Wohnheime. Im Schnitt stiegen die Mieten seit Mitte 2021 demnach um 5,9 Prozent. Das größte Plus mussten danach Studenten in Berlin verkraften: 18,5 Prozent. Auf den Rängen zwei und drei folgen Leipzig und Rostock mit je zwölf Prozent. In insgesamt acht der 38 Städte stiegen die Preise um mehr als zehn Prozent. In Bonn um 6,3 Prozent (Platz 29) und in Köln um 8,0 Prozent (Platz 20).

Bei WG-Zimmern zogen die Mieten noch kräftiger an, vor allem in kleineren Städten: Mit 24,6 Prozent liegt Mainz an der Spitze vor Heidelberg (18,5 Prozent) und Regensburg (18,4 Prozent). Bonn liegt hier mit einer STeigerung von 15,0 Prozent auf Platz zehn, Köln mit plus 10,6 Prozent auf Platz 19.

Die Mieten einschließlich Nebenkosten gelten für eine studentische Musterwohnung mit 30 Quadratmetern und ein standardisiertes WG-Zimmer (20 Quadratmeter). Die Forscher gewährleisten so die Vergleichbarkeit zwischen den Städten. Wer vor Ort etwas sucht, muss je nach Lage und Ausstattung unterschiedliche Mieten zahlen. Auch Chemnitz kann deshalb teurer, München etwas billiger sein. Eine Wohnung für 198 Euro warm dürfte in Bayerns Hauptstadt aber eher nicht zu finden sein.

Offenbar sind die steigenden Mieten eine Folge der Corona-Pandemie. In der Zeit haben viele Studenten Wohnungen oder WG-Zimmer gekündigt, weil sie für ihr Studium nicht vor Ort sein mussten und so Kosten sparen wollten.

Zentrale Lagen sind besonders gefragt

Jetzt kehren die Studenten zurück. Nur: „Es gibt erheblich mehr Konkurrenz um kleinere Wohnungen“, sagt Voigtländer, nicht nur unter Studenten. Wer eine neue Wohnung suche, suche tendenziell eine kleinere, weil dort der Energieverbrauch geringer sei. Gefragt sei auch eine zentrale Lage, um wenig pendeln zu müssen. Vermieter könnten deshalb steigende Kosten weitergeben und höhere Mieten verlangen.

Und es könnte noch teurer werden. Denn der Wohnreport hat den Markt bis zum 30. Juni untersucht. Seither ist die Inflationsrate gestiegen, ist vor allem Energie drastisch teurer geworden. Inzwischen steigen auch die Preise für Lebensmittel kräftig. Die Inflationsrate lag im August bei 7,9 Prozent. Experten rechnen mit zweistelligen Raten in den kommenden Monaten.

Studierende haben mit das geringste Einkommen

Die Studenten trifft der Preisanstieg besonders. Denn sie gehören zu denen mit den geringsten Einkünften. Im Schnitt haben sie Einkünfte von um die 1200 Euro, wie der Report ermittelt hat. Und dieser Wert stagnierte 2020. Zahlen für das vergangene Jahr fehlen noch, MLP-Chef Schroeder-Wildberg geht davon aus, dass Studenten weniger verdient haben, weil typische Studentenjobs in Gastronomie und Hotellerie weggefallen sind. Weil sie nur wenig ausgeben können, treffen die steigenden Lebenshaltungskosten Studenten härter als Menschen mit höheren Einkommen.

Eine Folge: Studenten wohnten weiterhin bei ihren Eltern. Derzeit trifft das bereits auf ein Viertel aller Immatrikulierten zu, wie Immobilienexperte Voigtländer sagte. Der Wert ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Er empfahl der Bundesregierung, das Bafög noch stärker anzuheben als zuletzt. Zudem müssten mehr Studenten die Chance haben, es zu beantragen. Und er forderte, dass mehr Studentenwohnheime gebaut werden müssten. Im vergangenen Jahrzehnt sei der Anteil an Studenten in Wohnheimen stetig gesunken.