Blockade durch Nachbarstaaten Krise am Golf: Qatar Airways streicht viele Flüge

Doha · Im vergangenen Geschäftsjahr meldete Qatar Airways noch große Umsatzsteigerungen. Die Fluggesellschaft gibt sich auch trotz einer Blockade der arabischen Nachbarstaaten kämpferisch. Aber die Auswirkungen sind deutlich.

 Ein Maschine von Qatar Airways beim Start.

Ein Maschine von Qatar Airways beim Start.

Foto: epa/Archiv

Trotz kämpferischer Ansagen und Wachstumsversprechen hat Qatar Airways nach der Blockade durch die arabischen Nachbarstaaten vor rund einem Jahr massiv Flüge gestrichen.

Nach dem Start der Blockade des reichen Wüstenstaates im Juni vergangenen Jahres ist die Anzahl der Flüge pro Monat um mehr als elf Prozent zurückgegangen, wie eine Analyse der Flugzahlen verschiedener Tracking-Seiten zeigt.

Führte Qatar Airways im Mai 2017 laut dem Dienst Flightstats noch 16.540 Flüge durch, ging die Zahl in den folgenden Monaten auf zwischenzeitlich rund 13.000 Flüge zurück. Auch andere arabische Luftverkehrsgesellschaften verzeichneten im vergangenen Jahr teils kleinere Rückgänge.

Noch Anfang März hatte sich der Geschäftsführer von Qatar Airways auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin kämpferisch gezeigt. "Während der Blockade hat Qatar Airways sein Wachstum fortgesetzt", sagte Akbar al-Baker. "Wir sind heute unabhängiger, als wir es noch vor neun Monaten waren." Die Taktik der arabischen Nachbarländer, Katar als souveränes kleines Land in eine Ecke zu drängen, habe genau das Gegenteil bewirkt. Unmittelbar nach Beginn der Blockade vor rund einem Jahr wurde der Geschäftsführer noch mit den Worten zitiert, dass die "weltweiten Abläufe reibungslos" seien.

Offizielle Zahlen über die Entwicklung der Passagierzahlen oder der Flugverbindungen veröffentliche Qatar Airways zuletzt jedoch auch auf Anfrage nicht. In den monatlichen Statistiken der katarischen Statistikbehörde fehlen die Passagierzahlen des internationalen Flughafens in Doha seit Juni 2017 ebenfalls.

Noch im vergangenen Geschäftsjahr 2016/17 hatte die Qatar Airways Gruppe eine Umsatzsteigerung von 10,4 Prozent vermeldet. Der Luftfahrtexperte Saj Ahmad aus Dubai schätzt, dass die Blockade massive finanzielle Verluste für Qatar Airways haben könnte. "Alle arabischen Fluglinien sind von dem Konflikt betroffen. Die Hauptlast trägt aber Qatar Airways." Ein erheblicher Verlust von 500 Millionen US-Dollar (423 Mio Euro) sei im Bereich des Möglichen.

Anfang Juni vergangenen Jahres hatten unter anderem Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate die Flugverbindungen mit Katar gekappt und ihre Lufträume für Qatar-Jets gesperrt. Dadurch wurde nach Angaben des Unternehmens die Zahl der Flugkorridore von 18 auf zwei reduziert. Die Flugzeuge können die Region nach Europa zum Beispiel nur über den Iran und die Türkei verlassen, was zu teils mehrstündigen Umwegen führt. Die Nachbarstaaten werfen Katar zu enge Verbindungen zum Iran und unter anderem Terrorunterstützung vor. Der Wüstenstaat hat die Anschuldigungen scharf zurückgewiesen.

Leichte Rückgänge verzeichneten im vergangenen Jahr auch die anderen großen Gesellschaften in der Region. Etihad mit Sitz in Abu Dhabi hatte laut der Flugtracking-Seite Flightstats knapp sechs Prozent weniger Flüge pro Monat, Emirates aus Dubai 1,3 Prozent.

Die internationale Luftverkehrsvereinigung IATA macht mehrere Faktoren für diese Entwicklungen verantwortlich: Geringe Ölpreise und damit einhergehende wirtschaftliche Entwicklung, Einreiseverbote, harte Konkurrenz in wichtigen Märkten und die regionale geopolitische Instabilität.

"Angesichts der Tatsache, dass Qatar Airways aus vielen Städten des Golfkooperationsrates (GCC) ausgeschlossen ist, profitieren andere, kleinere Fluggesellschaften", sagt Luftfahrtexperte Saj Ahmad. So habe Oman Air beispielsweise einen starken Vorteil erzielt und Flüge innerhalb der arabischen Halbinsel über den Oman durchgeführt.

Auswirkungen befürchtet der Luftfahrtexperte auch auf die Flugzeughersteller Boeing und Airbus, bei denen Qatar Airways noch einige Flugzeuglieferungen offen hat. "Wir wissen, dass die Blockade einen ernsten Einfluss auf den Luftverkehr von und nach Katar hat", teilte Airbus auf Anfrage mit. "Aber wir hatten keine Abbestellungen oder Verschiebungen bei Qatar Airways." Boeing wollte sich auf Anfrage nicht zu den Auswirkungen äußern.

Nicht nur Qatar Airways spürt den Druck durch die Blockade. Auch insgesamt kamen im vergangenen Jahr deutlich weniger Besucher nach Katar, wie offizielle Zahlen der Statistikbehörde des Ausrichterlandes der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 zeigten. Im Vergleich zu 2016 ging die Zahl der Besucher im vergangenen Jahr um 22,4 Prozent auf rund 2,2 Millionen zurück.

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