Belastung durch Niedrigzinsen Lebensversicherer dürfen Zahlung kürzen

Frankfurt · Der Bundesgerichtshof erlaubt eine geringere Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven. Sie müssen aber begründen, warum sie ohne die Kürzung die zugesagten Garantiezinsen nicht sicherstellen können.

 Die Erträge von Lebensversicherungen sind heute wesentlich geringer als vor einigen Jahren.

Die Erträge von Lebensversicherungen sind heute wesentlich geringer als vor einigen Jahren.

Foto: picture alliance / dpa

Die Lebensversicherungen dürfen bei der Auszahlung an ihre Kunden aus finanziellen Gründen die Beteiligung an den Bewertungsreserven kürzen. Sie müssen aber begründen, warum sie ohne die Kürzung die zugesagten Garantiezinsen für Lebensversicherungsverträge nicht sicherstellen können. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) so entschieden. Weil aber diese Transparenz in dem vorliegenden Fall, über den verhandelt wurde, n cht gegeben war, wies das Gericht ihn an das Landgericht Düsseldorf zurück (Az IV ZR 201/17). In diesem Fall hatte ein Versicherer seinem Kunden zunächst angekündigt, ihn mit mehr als 2800 Euro an den Bewertungsreserven zu beteiligen. Doch wenige Wochen danach wurde diese Auszahlung auf 150 Euro begrenzt – nur unter Hinweis auf seinen Sicherungsbedarf.

Der Gesetzgeber hatte vor vier Jahren die Auszahlung der Bewertungsreserven neu geregelt. Diese Bewertungsreserven entstehen, wenn die Gelder der Versicherten am Kapitalmarkt angelegt werden und daraus Gewinne entstehen. Die mussten bis vor einigen Jahren zur Hälfte an die Kunden ausgeschüttet werden. Seit 2014 aber können diese Ausschüttungen gekürzt werden, damit die Auszahlung garantierter Leistungen bei noch laufenden Verträgen nicht gefährdet sind. Diese Neuregelung sei verfassungsgemäß, beschieden die Richter. Das nahm der Bund der Versicherten, der geklagt hatte, zwar zur Kenntnis.

Doch will er sich trotzdem weiter einsetzen, sagte dessen Sprecher Axel Kleinlein: „Wir werden mit langem Atem weiterkämpfen, bis wir vor dem Bundesverfassungsgericht sind und hoffentlich dann gewinnen.“ Die Transparenz, die der BGH einfordert, freut die Kläger natürlich. Die hätten die Versicherungen schon länger versprochen, aber nie eingehalten. „Wir können generell Informationen dazu geben, etwa in der Bilanz“, erklärte Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV). Doch dies im Detail in der Standmitteilung für die Verbraucher zu erläutern, das sei so komplex, dass es sehr schwer verständlich sei.

Finanzaufsicht beaufsichtigt Firmen stärker

Die niedrigen Zinsen sind eine Belastung für die Branche, die ja in den neunziger Jahren ihren Kunden noch Zinsen von bis zu vier Prozent versprochen hatte – und das für die gesamte Laufzeit. Allein diese Garantiezusagen einzuhalten ist deshalb für die Lebensversicherungen schwierig. Deshalb beaufsichtigt die Finanzaufsicht BaFin 34 von 87 Gesellschaften nun etwas stärker.

Das Bundesfinanzministerium versichert zwar, man wolle vorausschauend handeln, eine intensivierte Aufsicht über Unternehmen bedeute jedoch nicht, dass finanzielle Schwierigkeiten bestünden. So sieht das auch der GDV: Bei den schwächeren Unternehmen schaue die Aufsicht besonders intensiv hin. Dann bespreche man auch Maßnahmen, um finanzielle Schwierigkeiten in der Zukunft zu vermeiden. Es gehe nicht um die Frage, ob das Kapital ausreiche, alle Kundenansprüche zu befriedigen. Es gehe um den Risikopuffer, den die Gesellschaften vorhalten müssten, damit sie gewappnet seien, wenn die Zinsen nochmal zurückgingen oder wenn es einen Crash am Aktienmarkt gebe.

Doch die Bundesregierung will der Branche offenbar weiter helfen: Sie hatte die Gesellschaften 2014 verpflichtet, eine Zinszusatzreserve aufzubauen, die sollte die Risiken aus den hohen Zinsgarantieversprechen abpuffern. Der Puffer hat inzwischen ein Volumen von 60 Milliarden Euro erreicht. Nun sollen die Gesellschaften weniger zuführen als bisher. Grundsätzlich hält das auch der Bund der Versicherten für richtig, dessen Sprecher Kleinlein mahnt aber, diese Zuführung dürfe nicht nur aus den Kundengeldern finanziert werden, da müssten auch die Versicherungsunternehmen selber als auch die Aktionäre zur Kasse gebeten werden.

Die Versicherungsnehmer müssten zudem einen Ausgleich erhalten eben in Form von einer fairen und angemessenen Überschussbeteiligung: „Es kann nicht sein, das alle vier Jahre, immer zur Fußball-WM, Geschenke an die Lebensversicherungsunternehmen gemacht werden und die Kunden in die Röhre gucken“, mahnte er. Denn der Finanzausschuss des Bundestages hat sich gerade gestern Nachmittag dieses Themas angenommen.

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