Lehren aus der Corona-Krise Lieferketten sollen flexibler werden

Bonn · Firmen ziehen erste Lehren aus der Krise. DHL Supply Chain sieht sich für weltweite Verteilung des Impfstoffs gut gerüstet. Laut Ralph Haupter, Europa-Chef von Microsoft, verändert die Pandemie verändere die Art und Weise, wie Menschen arbeiten und wie Lieferketten funktionieren, nachhaltig.

 In der Krise bleibt mancher Nachschub aus: Am Duisburger Hafen werden Container verladen.

In der Krise bleibt mancher Nachschub aus: Am Duisburger Hafen werden Container verladen.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Während Regierungen weltweit damit beschäftigt sind, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, suchen Firmen nach Möglichkeiten, ihre Lieferketten weltweit aufrechtzuerhalten und abzusichern. Die Prognose- und Planungsgenauigkeit ist derzeit erschwert, Arbeitskräfte sind nur begrenzt verfügbar, und es gibt Einschränkungen bei Lieferanten.

Nach sieben Monaten Krise haben viele Firmen erste Lehren gezogen. Es hat sich gezeigt, dass Lieferketten, die sehr einseitig ausgerichtet sind, zu Abhängigkeiten führen und anfällig für Unterbrechungen sind. Das haben im Frühjahr viele Firmen erkannt, die beispielsweise auf Nachschub aus China angewiesen waren, der durch den coronabedingten Stopp von Produktion monatelang ausblieb.

„Wunsch nach mehr Flexibilität“

„Es gibt den Wunsch nach mehr Flexibilität“, sagte am Mittwoch Hendrik Venter, Chef für Europa, den Nahen Osten und Afrika bei der DHL-Sparte Supply Chain. Die Post-Tochter betreibt für Kunden Lagerhäuser, übernimmt Logistikprozesse und bezeichnet sich in dieser Hinsicht als weltweit führender Anbieter. Vielen DHL-Kunden gehe es jetzt darum, den Nachschub für Waren und Rohstoffe so sicherzustellen, dass sie auch bei Einschränkungen des Wirtschaftslebens in einem Land stets darauf Zugriff hätten. Andere Firmen würden die früher getätigte Verlagerung betrieblicher Aktivitäten ins Ausland überprüfen. „Kunden möchten für die Produktion wichtige Güter in der Nähe haben“, sagt Venter. Das gehe einher mit dem Wunsch nach mehr Lagerhäusern, die parallel zur Verfügung stehen, damit man für den Notfall gerüstet sei. Dann könne eine Firma besser planen.

Gleich zu Beginn der Corona-Krise haben Unternehmen die Bedeutung von digitalisierten Prozessen erfahren. Datenspeicherung und Cloud-Computing brauchten sie nicht nur für Beschäftigte im Homeoffice, sondern auch, um in einer Zeit der Umbrüche Überblick über die Prozesse zu behalten. „Die Datenanalyse muss im Zentrum jeder Vorstandssitzung stehen“, sagt Ralph Haupter, Europa-Chef von Microsoft.

Pandemie verändert die Art und Weise, wie Menschen arbeiten und wie Lieferketten funktionieren

Es gebe Firmen, bei denen damit 90 Prozent der Sitzungszeit vergehe. Durch Datenanalyse könne ein Unternehmen schnell herausfinden, was die Bedürfnisse von Menschen beispielsweise auf den Philippinen seien und das Geschäftsmodell dann anpassen. Die Pandemie verändere die Art und Weise, wie Menschen arbeiten und wie Lieferketten funktionieren, nachhaltig. Für Unternehmen sei es jetzt dringend notwendig, widerstandsfähige Wertschöpfungsketten aufzubauen, um ähnliche Herausforderungen zukünftig besser in den Griff zu bekommen. „Es geht um mehr Agilität“, so Haupter.

Eine Forderung, die auch DHL-Manager Venter teilt. Endloses Testen neuer Prozesse führe oft nicht weiter. Stattdessen sollten neue Abläufe rascher eingeführt werden als früher. Dann könnten die Firmen auch schneller von Größenvorteilen profitieren. Venter sieht DHL gut positioniert, um voraussichtlich im kommenden Jahr eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Corona-Impfstoffen weltweit zu spielen. Milliarden von Impfdosen müssten dann binnen kurzer Zeit auch in abgelegene Gebiete transportiert werden. Das Unternehmen habe langjährige Erfahrung im Transport von temperaturempfindlichen Waren in weltweit 220 Ländern. Das Unternehmen stehe deshalb mit Regierungen weltweit in Kontakt, um schnell handeln zu können, wenn es soweit sei. „Wir sind vorbereitet“, so Venter.

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