Milliardenverlust im ersten Halbjahr Lufthansa droht mit betriebsbedingten Kündigungen

Frankfurt · Die Corona-Krise hat im ersten Halbjahr für einen Milliardenverlust bei der Lufthansa gesorgt. Deshalb erhöht das Management jetzt den Druck auf die Mitarbeiter. Gewerkschaften reagieren mit Unverständnis.

 Die Lufthansa droht nach einem erneuten Milliardenverlust mit Entlassungen.

Die Lufthansa droht nach einem erneuten Milliardenverlust mit Entlassungen.

Foto: dpa/Boris Roessler

Die wirtschaftliche Lage im Lufthansa-Konzern bleibt angespannt. Zwischen April und Juni verbuchte das Unternehmen mit einem operativen Verlust von 1,7 Milliarden Euro den höchsten Quartalsverlust ihrer Geschichte, unter dem Strich waren die Zahlen mit 1,5 Milliarden Euro ebenso tiefrot. Im Vorjahr hatte die Kranichlinie noch einen Gewinn von 226 Millionen Euro eingeflogen.

Im ersten Halbjahr liegt der Verlust nun bei insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Deshalb erhöht das Management den Druck auf die Mitarbeiter und droht mit betriebsbedingten Kündigungen. Dabei hatten sich die Tarifpartner mit ihren Mitarbeitern eigentlich auf Einsparungen ohne Kündigungen einigen wollen.

Bis jetzt habe die Lufthansa mit der Gewerkschaft Verdi und der Pilotenvereinigung Cockpit keine Krisenvereinbarung geschlossen, die Urabstimmung über den Vertrag mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo stehe noch aus, monierte Lufthansa-Chef Carsten Spohr: „Das geht mir viel zu langsam“, sagte er mit Blick auf die Marktentwicklungen im globalen Luftverkehr. Rechnerisch sind 22.000 Mitarbeiter zu viel an Bord, gegenüber dem Vorjahr sind schon 8300 Stellen gestrichen, aber fast ausschließlich im Ausland. 129.400 Beschäftigte arbeiteten Ende Juni noch im Konzern. 11.000 Stellen sollen allein in Deutschland ohne betriebsbedingte Kündigungen entfallen. Deshalb sei es jetzt Zeit, den Mitarbeitern „reinen Wein“ einzuschenken, sagte Spohr bei der Vorlage der Quartalsbilanz.

Gewerkschaften zeigen sich verärgert

Die Gewerkschaften reagieren mit Unverständnis. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die am heutigen Freitag mit dem Management weiterverhandeln will, spricht von einer Blockadehaltung in den Verhandlungen. Auch die Piloten seien noch in Gesprächen, die Kündigungsdrohung sei da nicht hilfreich, sagt Janis Schmitt, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit. Und auch Ufo ist verärgert: Lufthansa müsse noch Details liefern zu Freiwilligenprogrammen zum sozialverträglichen Stellenabbau. „Uns jetzt unter Druck zu setzen und zu sagen, wenn ihr eure Urabstimmung nicht sofort durchführt, dann kündigen wir doch, das ist nicht in Ordnung“, kritisierte Ufo-Sprecher Nicoley Baublies. Allein in der Kernmarke Lufthansa gebe es einen Überhang von etwa 5000 Stellen, sagte Spohr, 800 davon bei den Piloten, 2600 bei den Flugbegleitern und 1500 bei den Bodenmitarbeitern.

Doch der Druck auf das Management ist hoch. Im zweiten Quartal beförderte Lufthansa, die im Juni mit einem Milliardenpaket durch den Staat gerettet worden war, 96 Prozent weniger Fluggäste als 2019. Dass das Ergebnis nicht noch schlechter ausfiel, lag allein an der Frachtsparte, die 300 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftetet. Der Konzern will seine Kosten bis zum Jahr 2023 um 15 Prozent senken. Die Flotte soll um 100 Flugzeuge schrumpfen, in den nächsten Wochen soll über die Stilllegung einzelner Flugzeugtypen entschieden werden. Deshalb stehen die A380, A340 und die Boeing 747 auf dem Prüfstand. Denn vor allem auf der Langstrecke kommt das Geschäft nicht in Gang.

Auch in Europa gibt es wegen neuer Ausbrüche des Coronavirus immer wieder Rückschläge. Die Fluggäste können stornieren und sich den Flugpreis erstatten lassen oder einen Gutschein erhalten. Das Versprechen vom Mai, in den sechs darauffolgenden Wochen die Erstattungen zu leisten, habe man eingehalten. Von drei Milliarden Euro seien inzwischen zwei Milliarden abgearbeitet, sagte der Lufthansa-Chef, doch es kämen mit jeder Flugplanänderung oder Stornierung ständig neue hinzu.

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