Diesel-Affäre Musterklage gegen VW soll Schadenersatz erstreiten

Berlin · Verbraucherschützer und ADAC stellen Musterklage im Abgasskandal vor. Ziel der Klage ist, im Interesse von bis zu 2,5 Millionen geschädigten VW-Kunden einen grundsätzlichen Schadenersatzanspruch gegen den Konzern zu erstreiten.

 Viele geschädigte VW-Kunden können sich der Musterklage anschließen.

Viele geschädigte VW-Kunden können sich der Musterklage anschließen.

Foto: dpa

Hunderttausende VW-Dieselfahrer werden jetzt aufhorchen: Drei Jahre nach Beginn des Dieselskandals haben die Verbraucherschützer vom vzbv und der Automobilclub ADAC am Mittwoch eine Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig gegen den VW-Konzern angekündigt. Ziel der Klage ist, im Interesse von bis zu 2,5 Millionen geschädigten VW-Kunden einen grundsätzlichen Schadenersatzanspruch gegen den Konzern zu erstreiten.

Urteilen die Richter im Sinne der Kläger, könnten alle jene Kunden, die sich in ein dafür vorgesehenes Klageregister beim Bundesamt für Justiz eingetragen haben, mit einer späteren Entschädigung durch VW rechnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Massenverfahren der Verbraucher-Musterklage.

Warum wurde die Musterfeststellungsklage neu geschaffen?

Die hohen Kosten einer Klage, langwierige Prozesse und die Ungewissheit, ob wirklich ein Rechtsverstoß vorliegt, haben bisher viele geschädigte Kunden im Dieselskandal vor einer eigenen Schadenersatz-Klage zurückschrecken lassen. Das gilt vor allem für diejenigen, die keine Rechtsschutzversicherung haben. Deshalb kam es im Dieselskandal bisher auch nur zu einigen tausend Entschädigungsfällen. Zudem sind einzelne Prozesse oft langwierig. Im Interesse der Verbraucher hat der Gesetzgeber die Musterfeststellungsklage geschaffen, die ab 1. November möglich ist. Sie macht die Rechtsdurchsetzung für den Einzelnen einfacher und günstiger.

Welche Verbraucher können sich der Klage anschließen?

Alle privaten Käufer von Fahrzeugen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda mit Dieselmotoren des Typs EA 189 können sich im Klageregister beim Bundesamt für Justiz registrieren lassen und sich auf diese Weise der Klage ohne eigene Kosten anschließen. In diesen Fahrzeugen muss eine illegale Abschalteinrichtung verwendet worden sein, weil das Kraftfahrbundesamt (KBA) für sie einen Rückruf angeordnet hatte. Das Register wird erst eröffnet, wenn die vzbv-Klage am 1. November eingereicht worden ist. Nicht anschließen können sich Beschenkte, Leasingnehmer und gewerbliche Kunden. „Wir hätten uns gefreut, wenn die Klage auch auf gewerbliche Kunden ausgeweitet worden wäre, aber das wollte der Gesetzgeber nicht“, sagte vzbv-Chef Klaus Müller.

Warum drängt die Zeit?

Die Schadenersatzansprüche der Käufer der genannten VW-Fahrzeuge mit Dieselmotoren EA 189 verjähren Ende des Jahres 2018. Die große Koalition hatte sich bei der Schaffung der Musterfeststellungsklage deshalb zuletzt beeilt: Betroffene VW-Kunden sollten noch vor Ablauf der Verjährungsfrist das neue Recht anwenden können. Denn nur wer sich in das Klageregister eingetragen hat, kann hinterher auch von einem möglichen Vergleich mit VW profitieren. „Wer sich nicht in das Register eingetragen hat, ist schlicht draußen“, warnte vzbv-Chef Müller. Betroffene Kunden sollten sich bis Ende des Jahres eintragen. Informationen über das Verfahren gibt es ab sofort auf der Internetseite www.musterfeststellungsklagen.de. Zudem hat der vzbv eine Telefon-Hotline unter 030-32502700 eingerichtet.

Welche Sachverhalte könnten bei einem positiven Urteil entschädigt werden?

Kunden haben nach Auskunft der vom vzbv mit der Klage beauftragten Rechtsanwälte Ralf Stoll und Marco Rogert in dem Umfang einen Schadenersatzanspruch, in dem ihr Wagen durch den Dieselskandal im Wert gemindert worden ist. Das gilt auch bei einem Weiterverkauf. In den bisherigen Schadenersatzprozessen wurde im positiven Falle entweder die Rückabwicklung des Kaufs oder eine Einmalzahlung zwischen zehn und 25 Prozent des Kaufpreises erstritten, sagte Rechtsanwalt Stoll.

Warum unterstützt der ADAC die Klage des vzbv?

Der Autoclub sehe sich „in großer Verantwortung für die Interessen seiner Mitglieder“, sagte ADAC-Präsident August Markl in Berlin. Es habe aus prozesstaktischen Gründen aber nur eine Klage mit einem Kläger geben dürfen, und das sei der vzbv. Aber der ADAC kooperiere mit dem Bundesverband Verbraucherzentrale. Er könne seine Millionen Mitglieder informieren und mobilisieren, sich der Klage anzuschließen.

Wie geht es nach dem Urteil weiter?

Die beauftragten Rechtsanwälte rechnen mit einem Urteil durch das Oberlandesgericht Braunschweig nicht vor 2020. Würde VW verurteilt, könnte der Konzern nach Einschätzung des vzbv von sich aus einen Vergleich anbieten, um sein öffentliches Ansehen nicht weiter zu ramponieren. Davon könnten dann alle geschädigten Kunden profitieren, die sich in das Klageregister eingetragen haben. Sollte es dann noch nicht zum Vergleich kommen, würde VW Berufung einlegen und die Klage ginge vor den Bundesgerichtshof (BGH). Urteilt dieser wieder im Sinne der Kunden, könnte wieder ein Vergleich am Ende stehen. Wenn nicht, müsste jeder einzelne Kunde seinen Schadenersatzanspruch in einer zweiten Klage vor Gericht erstreiten. Diesen Ausgang hielten die Verbraucherschützer aber für eher unwahrscheinlich.

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