Unternehmen wird wetterfester Nach Tata-Deal: Milliardenspritze für Thyssenkrupp

Essen · Im Streit um die Zukunft der Stahlsparte hat Thyssenkrupp-Chef Hiesinger jetzt Rückenwind von einem wichtigen Großaktionär bekommen. Die Beschäftigten aber protestieren weiter.

 Schild "thyssenkrupp" vor der Werkszufahrt beim Stahlwerk von Thyssenkrupp.

Schild "thyssenkrupp" vor der Werkszufahrt beim Stahlwerk von Thyssenkrupp.

Foto: Ina Fassbender/Archiv

Nach der Grundsatzeinigung über eine Stahlfusion mit dem indischen Unternehmen Tata hat sich der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp eine milliardenschwere Geldspritze am Kapitalmarkt besorgt.

Während durch eine Kapitalerhöhung knapp 1,4 Milliarden Euro in die Konzernkasse flossen, wurden auch die Karten unter den Anteilseignern neu gemischt. Nach dpa-Informationen aus Marktkreisen konnte der schwedische Großaktionär Cevian seinen Anteil auf knapp unter 20 Prozent weiter aufstocken.

Cevian-Insider hatten nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" zuvor Unterstützung für den von Konzernchef Heinrich Hiesinger geplanten Kurs signalisiert, wonach Thyssenkrupp die Stahlsparte abspalten und sich mehr auf das Industriegütergeschäft konzentrieren will.

Nach der heftigen Kritik von Betriebsrat und Gewerkschaft an der geplanten Stahlfusion kann der Konzernchef damit bei der voraussichtlich im Januar bevorstehenden Abstimmung im Aufsichtsrat auf Rückhalt bei den Anteilseignern hoffen. Auch die Krupp-Stiftung hatte bereits Zustimmung in Aussicht gestellt.

Die Arbeitnehmervertreter in dem Kontrollgremium hatten dagegen angekündigt, geschlossen gegen das Vorhaben stimmen zu wollen. Erst in der vergangenen Woche hatte Thyssenkrupp eine Grundsatzeinigung mit Tata Steel über eine Zusammenlegung der europäischen Stahlgeschäfte erzielt. An dem Gemeinschaftsunternehmen, das seinen Sitz in den Niederlanden haben soll, wollen beide Partner 50 Prozent halten. Bis Anfang 2018 soll der Deal perfekt sein.

Thyssenkrupp und Tata erhoffen sich durch die Zusammenlegung Synergien in Millionenhöhe - die erwarteten jährlichen Einsparungen bezifferte der Essener Konzern auf 400 bis 600 Millionen Euro. Rund 4000 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden, davon rund 2000 in Deutschland. Mit einer Mahnwache vor dem Krupp-Stammhaus in Essen setzten die Beschäftigten am Dienstag ihre seit Tagen anhaltenden Proteste fort.

Mit der jüngsten Kapitalerhöhung sei Cevian nun dicht an die Krupp-Stiftung herangerückt, hieß es in Marktkreisen. Da sich die Stiftung mit einem Anteil von bislang knapp 23 Prozent nicht an der Kapitalerhöhung um zehn Prozent beteiligt habe, habe sich ihr Gewicht entsprechend reduziert. Eine Sprecherin der Stiftung wollte dazu keine Stellung nehmen.

"Der Einfluss von Cevian wird noch größer werden", sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Der als aktivistisch geltende Großaktionär könnte nun einen zweiten Sitz im Aufsichtsrat des Konzerns beanspruchen, meinte Hechtfischer. Die Krupp-Stiftung ist dagegen durch ein in der Satzung des Konzerns verankertes Entsenderecht derzeit bereits mit zwei Sitzen in dem Kontrollgremium vertreten, so lange ihr Anteil nicht unter 15 Prozent sinkt.

Vor einem Hintergrund einer zuletzt "beängstigend niedrigen" Eigenkapitalquote des Konzerns sei eine Kapitalerhöhung auch dringend notwendig gewesen, meinte Hechtfischer. Auch Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment begrüßte die Geldspritze als Beitrag, um den Konzern auch bei konjunkturellem Gegenwind wetterfester zu machen. Thyssenkrupp hatte angekündigt, sich mit dem Schritt mehr Spielraum für Wachstum im Industriegütergeschäft schaffen zu wollen.

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