Kommentar über die Folgen der Lehman-Pleite Nicht genug gelernt

Meinung · Vor zehn Jahren schockte der Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers die Finanzmärkte und brachte die Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs. Doch eine Lektion haben manche nicht gelernt, sagt unsere Autorin.

 Ein Mitarbeiter betritt die Zentrale der US-Investmentbank Lehman Brothers.

Ein Mitarbeiter betritt die Zentrale der US-Investmentbank Lehman Brothers.

Foto: picture alliance/dpa

Die Pleite markierte den Ausbruch der Finanzkrise und der folgenden Euro-Staatsschuldenkrise. Mit Hunderten Milliarden an Krediten aus Steuermitteln und starken Zinssenkungen versuchten Politik und Notenbanken, weitere Banken zu retten und die Konjunktur zu stützen.

Auch ein Jahrzehnt später wirkt die Finanzkrise gesellschaftlich und politisch noch nach. Die Euro-Staatsschuldenkrise ist längst nicht abgehakt. Die politische Lage in Italien ist fragil. Ein kleiner Zündfunke der Unsicherheit kann die Banken dort ins Wanken bringen, weil die Bilanzen voller Staatsanleihen und Kredite stecken, bei denen Kunden Probleme mit der Rückzahlung haben. In Italien, Spanien und Griechenland sind die Schulden sogar deutlich höher als vor Ausbruch der Staatsschuldenkrise.

Es gibt auch weltweit keinen Grund zur Entwarnung: Die Ursache der Finanzkrise lag in der hohen Verschuldung der Weltwirtschaft. Doch die Schuldenlast wurde im vergangenen Jahrzehnt nicht etwa abgebaut, sondern hat sich Ende 2017 auf Rekordniveau erhöht. Die Strategie, unsichere private Schulden durch öffentliche Schulden zu ersetzen, wird nur solange funktionieren, wie die Zinsen niedrig bleiben. Aus dem Blick in den Abgrund hat die Welt noch nicht genug gelernt. Natürlich werden Europas Banken strenger überwacht und müssen mehr Regeln einhalten. 50 Gesetze und Verordnungen listet das Bundesfinanzministerium als Folge des Lehman-Zusammenbruchs und der Finanzkrise auf.

Doch viele Finanzgeschäfte sind in die Welt der Schattenbanken abgewandert. Als Schattenbanken gelten Firmen an den Finanzmärkten, die bankähnliche Funktionen wahrnehmen, aber nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen. Dazu gehören Geldmarkt-, Hedge-, und Private Equityfonds. Je nach Marktabgrenzung verwalten sie ein Vermögen von 45 oder 100 Billionen Dollar. Ihr Wachstum wurde gerade durch die Gesetze gefördert, die das Finanzsystem sicherer machen sollen. Bei ihnen lassen sich riskante Geschäfte zu viel geringeren Kosten abwickeln. Hier müssen Politiker und Behörden künftig genauer hinschauen. Der mögliche Ausgangspunkt für eine weitere Finanzkrise wird an neuen Orten zu finden sein.

In den USA hat US-Präsident Donald Trump die seit der Finanzkrise verschärften Regeln für Banken wieder aufgeweicht. Nur noch Großbanken müssen einen jährlichen Stresstest machen. Auch Finanzspekulationen mit Kundengeldern sind nur noch großen Banken verboten. Auch schnelles Vergessen zeigt, dass manche ihre Lektion nicht gut genug gelernt haben.

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