Wie sieht der Arbeitnehmer der Zukunft aus? Flexibel und zur Weiterbildung bereit

Bonn · Beschäftigte sehen sich immer dynamischeren Veränderungen ihrer Tätigkeiten gegenüber. Immer mehr Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen geraten in Gefahr, durch Computertechnik ersetzt zu werden.

 Technische Modellbauer lernen heute schon früh, computergesteuerte Maschinen zu bedienen. Die Rolle der Automatisierung nimmt in vielen Feldern zu.

Technische Modellbauer lernen heute schon früh, computergesteuerte Maschinen zu bedienen. Die Rolle der Automatisierung nimmt in vielen Feldern zu.

Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Wie der eigene Beruf in 20 Jahren aussieht, weiß heute kein Mensch. Digitalisierung, ökologische Transformation, Globalisierung und Corona sorgen für rapide Veränderungen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt, dass in den kommenden Jahren fast die Hälfte aller Arbeitsplätze in den 32 untersuchten Staaten ganz oder teilweise durch Automatisierung bedroht sind.

Auch der Arbeitsmarkt in NRW steht vor der weiteren Digitalisierung und Automatisierung von Tätigkeiten. Viele Berufsbilder verändern sich deutlich, zudem fallen Berufe weg und neue entstehen. Frank Bauer vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht die Frage, welche Berufe in Zukunft durch Technik ersetzt werden, sehr stark von der Qualifikation der Beschäftigten abhängig. In den Helferberufen könnten fast 60 Prozent der Tätigkeiten heute schon heute potenziell von Computern erledigt werden. In den sogenannten Expertenberufen, die eine akademische Ausbildung voraussetzen, seien es lediglich gut 26 Prozent. Es gebe Beschäftigtengruppen, deren Jobs sehr stark durch Computer, Roboter und Co. ersetzt würden – das gelte für viele Arbeitskräfte in der Fertigung. Heute sei auch bereits feststellbar, dass Kompetenzen wie Verkaufen, Personaleinsatzplanung und Übersetzen automatisiert worden seien. Das bedeute im Umkehrschluss aber nicht, dass man keinem jungen Menschen mehr raten dürfe, Übersetzer zu werden. „Das Übersetzen von Romanen wird auf absehbare Zeit kein Computer übernehmen“, sagt Bauer. Die Berufsbilder veränderten sich, andere Qualifikationen seien gefragt.

Für nicht so leicht substituierbar hält der Arbeitsmarktforscher die Kundenberatung. Zu den neuen Kompetenzen, die an Relevanz gewinnen, zählt Bauer das Beherrschen neuer Softwareanwendungen wie Simulationssoftware, den Umgang mit neuen Technologien wie 3D-Druck und Kenntnisse über neue Produkte und Dienstleistungen wie dem Smart Home.

In den kommenden Jahren dürften in Nordrhein-Westfalen vor allem Arbeitsplätze im Groß- und Einzelhandel sowie in der Metallerzeugung abgebaut werden, prognostizierte Bauer. Auch im Baugewerbe und der Industrie werde die Beschäftigung abnehmen.

Neue Berufe entstehen

Auf der anderen Seite könnten durch Technologie auch ganz neue Berufe entstehen. Mehr Arbeitsplätze werde es künftig bei Unternehmensdienstleistern, in Heimen und im Sozialwesen geben. Auch im Gastgewerbe und im Gesundheitswesen dürfte es bis 2040 mehr Erwerbstätige geben. Im Zuge des Strukturwandels sei ein stärkerer Fokus auf Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung wichtig, sagte Bauer. Mit der Weiterqualifizierung von Beschäftigten sei es nicht immer so einfach. Qualifizierte Weiterbildung müsse rechtzeitig einsetzen, damit die Arbeitnehmer die neuen Fertigkeiten nicht erst lernten, wenn ihr alter Arbeitsplatz weggefallen sei. Arbeitnehmer müssten in Zukunft flexibler und zur Weiterbildung bereit sein. Torsten Withake, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur NRW, lobte das Qualifizierungschancengesetz. Dadurch erhalten Beschäftigte Zugang zur Weiterbildungsförderung unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße. Damit könne Firmen geholfen werden, ihre Beschäftigten rechtzeitig zu qualifizieren. Viele Unternehmen würden diese Aufgabe sehr ernst nehmen.

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