Interview mit RWE-Chef Schmitz RWE blockiere in "keiner Weise" den Kohleausstieg

Essen · RWE-Chef Schmitz versteht nicht, warum nach dem Kompromiss zum Hambacher Forst weiter protestiert wird. Seiner Meinung nach müsste die Regierung beim Kohleausstieg "einen Zahn zulegen".

 Der Tagebau grenzt direkt an den Hambacher Forst.

Der Tagebau grenzt direkt an den Hambacher Forst.

Foto: picture alliance/dpa

Können Sie die Forderungen der Aktivisten verstehen?

Schmitz: Das Engagement der jungen Leute für Klimaschutz ist wichtig. Das Thema darf keinen kalt lassen. Es betrifft alle Gesellschaftsbereiche und geht weit über die Energiebranche hinaus. Neben dem Wünschenswerten darf aber das Machbare nicht aus dem Blick geraten. Ein Kohleausstieg sofort geht nicht. Die Kohle-Kommission hat einen vernünftigen Vorschlag auf den Tisch gelegt, wonach Deutschland bis 2038 aussteigt. Der sollte jetzt dringend umgesetzt werden.

Bereits Ende Januar hat die Kommission ihre Vorschläge vorgelegt, passiert ist seither nichts. Blockiert RWE die Umsetzung, wie Klimaaktivisten sagen?

Schmitz: Ich weiß nicht, wie man darauf kommen kann, RWE blockiert in keiner Weise den Ausstieg. Die Einzigen, die nicht zu ihrer Unterschrift unter dem Kohle-Kompromiss stehen, sind die Umweltverbände, die immer neue Nachforderungen stellen. Im Übrigen ist RWE längst auf dem Weg. Wir haben in den vergangenen sechs Jahren 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart, das sind 34 Prozent und entspricht dem Ausstoß von 30 Millionen Autos pro Jahr. Zeigen Sie mir mal einen, der eine solche Bilanz aufzuweisen hat. Zudem werden wir durch die Transaktion mit E.ON zum drittgrößten Ökostromhersteller in Europa.

Warum geht es dann beim Kohleausstieg nicht voran?

Schmitz: Jetzt ist die Politik am Zug. Wir stehen Gewehr bei Fuß, um die Empfehlungen 1:1 umzusetzen. Das wollen meines Wissens nach auch der Bundeswirtschaftsminister und viele andere aus dem ganzen Parteienspektrum. Den Takt gibt aber die Bundesregierung vor. Und wenn es nach mir geht, sollten wir dringend einen Zahn zulegen.

Für Klimaaktivisten ist der Hambacher Forst das Symbol. Was passiert, wenn Sie ihn stehen lassen und was bedeutet das für die Jobs?

Schmitz: Wir haben längst erklärt, dass wir den Forst jetzt nicht antasten. Für Hambach werden wir eine komplett neue Braunkohlenplanung machen, damit könnte der Wald dauerhaft erhalten werden. Dass ein vorzeitiger Kohleausstieg auch Arbeitsplätze kostet, war immer klar. Was das im Einzelnen bedeutet, werden wir sehen. Wichtig ist mir, dass das sozialverträglich erfolgen kann. Dafür haben auch die Gewerkschaften gekämpft.

Als zweites fordern die Aktivisten, die Umsiedlung der verbleibenden Dörfer zu stoppen. Geht das?

Schmitz: Die Kommission hat die Umsiedlungen nicht in Frage gestellt. Zudem sind die letzten Umsiedlungen bereits in vollem Gange. 67 Prozent der Verträge sind unterschrieben, viele Menschen sind schon umgezogen oder bauen gerade neu. Das jetzt zu stoppen, würde die Dörfer auseinander reißen und wäre sozialpolitisch fatal. Wirtschaftliche und soziale Härten wollen wir vermeiden. Das schauen wir uns zusammen mit dem Land an, um Lösungen zu finden. Zudem brauchen wir die Kohle unter den Dörfern bereits in den frühen 20er Jahren.

Greenpeace hat am Dienstag die Zentrale der Kraftwerkstochter RWE Power belagert, weitere Protestaktionen drohen. Wie sehen Sie das?

Schmitz: Greenpeace hat mit der Teilnahme an der Kommission und der Unterschrift unter den Kompromiss Verantwortung übernommen. Kompromisse sind das Wesen unserer Demokratie. Ich verstehe nicht, warum noch immer gegen RWE demonstriert wird. Wir haben klar erklärt, den Kompromiss umsetzen zu wollen.

Wie wollen Sie Gewalt am Wochenende verhindern?

Schmitz: Ich mache mir Sorgen um unsere Mitarbeiter und die friedlichen Demonstranten. Wir rufen alle Beteiligten auf, keine Gewalt anzuwenden und keine illegalen Aktionen zu unternehmen. Insbesondere sollte niemand in den Tagebau eindringen, das kann lebensgefährlich sein. Die Abbruchkanten sind teilweise 40 Meter tief und nicht darauf angelegt, betreten zu werden. Unsere Mitarbeiter werden versuchen zu deeskalieren. Sollte es zu Gewalt und Straftaten kommen, wird die Polizei eingreifen müssen.

Werden auch die neuen illegalen Baumhäuser geräumt?

Schmitz: In der Tat sind im Hambacher Forst neue illegale Baumhütten entstanden. Der Wald ist öffentlich zugänglich, wir können keinen Zaun ziehen. Doch die Beseitigung der Baumhäuser ist nicht unsere Aufgabe, sondern die der Behörden. Jetzt geht es erstmal darum, dass aus friedlichen Protesten keine Gewalt wird.

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