Mehr Geld für Modernisierung Schienennetz der Deutschen Bahn soll aufwendig saniert werden

Berlin · Bund und Bahn haben den Vertrag unterzeichnet: Das 500 Seiten starke Werk soll den Grundstein für ein gewaltiges Modernisierungsprogramm des Streckennetzes legen. Allein für das marode Netz gibt es in diesem Jahrzehnt 86 Milliarden Euro.

 Damit Züge pünktlich werden, soll das deutsche Schienennetz modernisiert werden.

Damit Züge pünktlich werden, soll das deutsche Schienennetz modernisiert werden.

Foto: dpa/Oliver Berg

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bewegt sich auf historischem Grund. Zu Kaisers Zeiten befand sich hier eine Eisengießerei, die die erste deutsche Dampflokomotive herstellte. Doch der Minister blickt lieber nach vorne. „Es wird ein Jahrzehnt der Schiene“, glaubt er und unterzeichnet wenig später den vor ihm liegenden Vertrag, ebenso wie Bahnchef Richard Lutz und Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Das 500 Seiten starke Werk, die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LUFV) soll den Grundstein für ein gewaltiges Modernisierungsprogramm des Streckennetzes legen. 86 Milliarden Euro kann die Bahn dafür in diesem Jahrzehnt ausgeben, so viel wie noch nie.

Rund 2000 Brücken werden damit saniert, jährlich 2000 Kilometer Gleis erneuert, Bahnhöfe barrierefrei gestaltet, Weichen erneuert und Baustellen kundenfreundlich gemanagt. „Ich garantiere: Wir schaffen das“, verspricht der für das Netz zuständige Bahnvorstand Ronald Pofalla. Vom Bund gibt es 62 Milliarden Euro, die Bahn trägt 24 Milliarden Euro zur Sanierung bei. „Davon profitieren die Fahrgäste maximal“, ist sich Scheuer sicher. Wann das der Fall sein wird, will er freilich nicht versprechen. Bahnchef Lutz dämpft schon einmal die Erwartungen. Die Bahn werde nicht über Nacht besser, sagt er.

Doch Kritiker sehen den Geldregen nicht so euphorisch. „Eine Notoperation, die den drohenden Kollaps im deutschen Schienennetz abwenden soll“, wittert der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel. Wenn nicht deutlich mehr Geld in die Schiene gesteckt werde, dauere es noch 15 bis 20 Jahre, bis der Sanierungsstau beseitigt sei. Zweifel am Ergebnis des Kraftaktes erwecken auch die steigende Baupreise. Am Ende würden für viel mehr Geld nur gleiche Leistungen eingekauft, lautet die Kritik.

Diese Befürchtung weist Pofalla zurück. So will er zum Beispiel kleinere Auftragslose ausschreiben als bisher. So können auch mittelständische Baufirmen zum Zug kommen und für mehr Wettbewerb sorgen. Außerdem läuft die neue LUFV über zehn Jahre und damit doppelt so lange wie ihre Vorgänger. So kann die Bahn auch langfristige Aufträge vergeben. Das ermöglicht Baufirmen Investitionen in neue Maschinen. Mitte der 20er Jahre sollen dann auch schon die Verhandlungen über die Bahn-Finanzierung im nächsten Jahrzehnt beginnen. All dies, so Pofalla, dämpfe die Preisentwicklung. Sollte der Bauboom in Deutschland die Kalkulation durcheinander wirbeln, lässt der Vertrag ein Hintertürchen für mehr Geld offen.

Am Grund für die plötzliche Ausgabenfreude nach jahrzehntelangem Geiz gegenüber der Bahn lassen die Minister keinen Zweifel. Der Schienenverkehr ist ein zentraler Baustein im Klimaschutzkonzept der Regierung. So soll sich die Zahl der Fahrgäste in den nächsten zehn Jahren fast verdoppeln. Im vergangenen Jahr erreichte ihre Zahl im Fernverkehr mit mehr als 150 Millionen ein neues Rekordhoch. Allein durch die aktuelle Preissenkung werden laut Bahn weitere fünf Millionen Passagiere im Jahr zusteigen. Für ein modernes Schienensystem braucht das Unternehmen jedoch noch viele Milliarden mehr. Weitere 70 Milliarden kommen daher aus anderen Töpfen wie dem Bundesverkehrswegeplan in den kommenden Jahren dazu.

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