Textilien mit Auszeichnung Siegel "Grüner Knopf" zeichnet faire Kleidung aus

Berlin · Entwicklungsminister Gerd Müller startet das staatliche Siegel „Grüner Knopf“ für ökologisch und fair produzierte Bekleidung. Das neue Siegel findet sich ab sofort an einzelnen Produkten in Geschäften und Onlineshops.

 Stellen den Grünen Knopf vor (v. l.): Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Tchibo-Geschäftsführer Thomas Linemayr, Vaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz, und Gerd Müller (CSU), Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Stellen den Grünen Knopf vor (v. l.): Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Tchibo-Geschäftsführer Thomas Linemayr, Vaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz, und Gerd Müller (CSU), Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Foto: dpa

Fair und ökologisch produzierte Kleidung zu kaufen, ist nicht ganz einfach. Aber Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) macht einen Anfang. Seine Socken, gekauft bei der Firma Hans Natur, tragen den Grünen Knopf. Dieses staatliche Textil-Siegel stellte Müller am Montag offiziell vor. Er hat es ins Leben gerufen, um besonders ökologische und sozial faire Produkte auszuzeichnen.

Die kleine Firma Hans Natur ist eines von 27 Unternehmen, die am Start des Grünen Knopfes teilnehmen. Dabei sind weitere Mini-Händler wie Melawear, Spezialanbieter wie Dibella (Hotelwäsche), größere Textilunternehmen wie Tchibo und Vaude, Konzerne wie Otto und Rewe, aber auch Discounter wie Aldi und Lidl. Ingesamt 70 Firmen hätten Interesse, sagte Müller.

Das neue Siegel findet sich ab sofort an einzelnen Produkten in Geschäften und Onlineshops. Um es zu erhalten, müssen die Firmen 26 Prüfkriterien für den jeweiligen Artikel erfüllen. In den asiatischen Zulieferfabriken sollen zum Beispiel genug Feuerlöscher hängen, bestimmte gesundheitsschädliche Chemikalien werden verboten, Gewerkschaftsfreiheit, gesetzmäßige Arbeitszeiten und Mindestlöhne sind zu gewährleisten. Die Produktkriterien können die Textilverkäufer auch dadurch nachweisen, dass sie bereits über anerkannte private Siegel wie Gots (Bio-Rohstoffe), Fairtrade oder Fair Wear verfügen.

Zusätzlich müssen die Händler jeweils 20 Kriterien auf der Ebene des ganzen Unternehmens einhalten. Eine in Deutschland ansässige Firma ist beispielsweise verpflichtet, einen Beschwerdemechanismus nachweisen, damit auch die Arbeiterinnen und Arbeiter der Zulieferfabriken in Kambodscha ihre Sorgen vorbringen können. Und zwar so, dass die Zentrale sie wahrnimmt. Durch die Kombination der Produkt- und Unternehmenskriterien geht der Grüne Knopf über die bisherigen Siegel hinaus und soll damit den Verbrauchern insgesamt eine bessere ökologische und soziale Qualität garantieren.

Prüfstellen kontrollieren die Firmen

Das Zertifikat gilt nicht nur für Kleidung, sondern auch andere Textilprodukte wie Handtücher, Tischdecken, Bettwäsche. Es bezieht sich zunächst allerdings nur auf die Produktionsstufen des Nähens und Färbens der Textilien, weitere Schritte bis zum Anbau der Baumwolle sollen später erfasst werden. Prüfstellen wie der TÜV kontrollieren die Firmen. Die Deutsche Akkreditierungstelle (DakkS) überwacht die Prüfer. Die Marke Grüner Knopf ist beim Patentamt in München eingetragen. Sie soll sich zu einem internationalen Standard entwickeln, dem Konzerne aus anderen Ländern beitreten.

Mit „Ausbeutung wie im 19. Jahrhundert“ müsse Schluss sein, sagte Müller. Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche, bezeichnete das Zertifikat als „sehr konkreten Schritt“. Bisher sei es nicht möglich, in einer Stadt wie München einen fair produzierten Anzug zu kaufen. Das werde sich hoffentlich bald ändern, so Bedford-Strohm. „Der Grüne Knopf kann dazu beitragen, ökologische und sozial faire Produkte aus der Nische in den Massenmarkt zu bringen“, sagte Melawear-Chef Henning Siedentopp.

Die Kampagne für Saubere Kleidung sieht dagegen „erhebliche Schwächen“. „Die Zahlung eines existenzsichernden Lohns ist nicht integriert“, erklärte Ingeborg Mehser vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt. Anfangs müssen die Firmen nur versprechen, dass ihre Lieferanten die staatlich festgesetzten Mindestlöhne der Produktionsländer einhalten.

Existenzsichernde Gehälter, die den Beschäftigten einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, liegen meist beim Doppelten oder Dreifachen des Mindestlohns. Das Entwicklungsministerium (BMZ) betonte, dass heute quasi nirgendwo in der Textilbranche Existenzlöhne gezahlt würden. Die Firmen, die den Grünen Knopf bekommen und später auch behalten wollten, müssen sich laut BMZ dem Existenzlohn aber allmählich annähern. Ob das klappt und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Fabriken durch das Siegel besser werden, muss sich so erst noch erweisen.

Einer der drei indischen Hersteller, von denen Melawear seine Kleidung bezieht, hat sich Firmenchef Siedentopp zufolge inzwischen verpflichtet, innerhalb der nächsten sechs Jahre die Gehälter von Mindest- auf Existenzlohnniveau anzuheben. Das würde etwa eine Verdoppelung des niedrigsten Lohns von ungefähr 120 auf 250 Euro monatlich bedeuten.

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