Studie zur Internetnutzung bei Kindern Smartphones bergen laut Experten mehr Gefahr als Nutzen

Berlin · Laut einer Studie verbringen Kinder immer mehr Zeit mit dem Handy. Experten raten Eltern dazu, die Anschaffung hinauszuzögern. Und es sollte klare Regeln für die Smartphonenutzung geben.

 Wie bewahren Eltern ihre Kinder vor einem Missbrauch des Smartphones?

Wie bewahren Eltern ihre Kinder vor einem Missbrauch des Smartphones?

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Weihnachtszeit ist Wunschzeit – und das heißt in vielen Familien: Die Anschaffung des ersten Handys steht an. Doch der Wunsch wirft auch Fragen auf und bringt Konflikte. „Die Kinder haben das Empfinden, dass sie ein Handy brauchen, um in der Gruppe dazuzugehören – und zwar immer früher“, sagt Martin Drechsler von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM).

Das erste eigene Smartphone gibt es Studien zufolge meist im Alter zwischen acht und 13 Jahren. Ganze 97 Prozent der 12- bis 19-Jährigen besitzt ein Internethandy, wie die aktuelle Studie zu Jugend, Information und Medien (JIM 2018) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zeigt. Schon 95 Prozent der zwölf- und 13-Jährigen haben demnach ein internetfähiges Handy. Zwei Drittel der Jugendlichen sehen damit täglich Videos an. Der Untersuchung zufolge sind sogar schon 85 Prozent der befragten zwölf- und 13-Jährigen täglich im Web unterwegs, sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.

Experten raten generell dazu, die Anschaffung des ersten Handys möglichst lang hinauszuzögern. „Smartphones sind tolle Geräte, aber ein Kind sollte die nötige Reife haben, damit umzugehen“, sagt Ulrich Ritzer-Sachs von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (BKE). „Die Gefahren überwiegen bei Kindern auf jeden Fall den Nutzen“, beobachtet er.

Das richtige Einstiegsalter ist dabei je nach Kind unterschiedlich. Akzeptiert es auch mal ein Nein? Kann es kleine Einkäufe problemlos selbst erledigen? Macht es seine Hausaufgaben ohne Drama? Das seien Anzeichen dafür, dass die Entwicklung auch für den Umgang mit einem Mobiltelefon weit genug fortgeschritten ist.

Der Glaube, das Handy werde zum Recherchieren für die Schule verwendet und mache das Kind schlauer, erweist sich oft als Irrtum, berichtet Ritzer-Sachs. Auch die Hoffnung der Eltern, das Kind nun jederzeit erreichen und damit überwachen zu können, wird oft getrogen. Meist ignoriert es das Gerät genau dann, wenn die Eltern am dringendsten anrufen wollen.

Strikte Regeln vorgeben

Ritzer-Sachs rät zu strikten Ansagen, wie viel Zeit und welche Anwendungen erlaubt sind. Für jüngere Nutzer in der fünften Klasse sei es beispielsweise sinnvoll, einen festen Platz in der Wohnung auszumachen, an dem das Smartphone liegt. Die Kids müssen fragen, wenn sie es benutzen dürfen, und es gibt Zeitbeschränkungen.

Ein großes Problem sieht Ritzer-Sachs im Verschicken von Nacktfotos. Hier sei Aufklärung nötig, was das Aufnehmen solcher Bilder bedeutet und welche Konsequenzen es für alle Beteiligten haben kann. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann die Zugriffsmöglichkeiten auf das Smartphone einschränken. Auf dem iPhone von Apple findet sich dazu in den Einstellungen eine Reihe von Funktionen, mit denen sich unerwünschte Webseiten oder die Kamera sperren lassen. „Über die vorgesehenen Funktionen hinaus sind bei iOS jedoch praktisch keine weiteren Einschränkungen möglich“, sagt IT-Experte Dierk Salfeld, dessen Firma Kindersicherungs-Software anbietet. So lassen sich am iPhone keine Zeitlimits für einzelne Apps und Webseiten einstellen.

Bei Android-Handys lassen sich Zeit und Inhalte der Nutzung kleinteiliger überwachen, doch die Lage ist hier auch komplizierter. Wie gut die Kindersicherungs-Apps funktionieren, hängt vom Hersteller ab. Salfeld zufolge erlauben große Anbieter wie Samsung, Sony und LG generell eine gute Absicherung. Probleme gebe es mit den billigsten Smartphones von wenig bekannten Marken aus Fernost.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort