Rückblick Sorgen überschatten das Börsenjahr 2016

Frankfurt · Der Brexit, die US-Präsidentenwahl und die Zinsdiskussion verunsichern die Finanzmärkte. So haben vor allem Wachstumssorgen das Bild der Börse geprägt. Der bange Blick ging vor allem nach China.

 Blick aufs Parkett: Wertpapierhandel im Handelssaal der Börse in Frankfurt am Main.

Blick aufs Parkett: Wertpapierhandel im Handelssaal der Börse in Frankfurt am Main.

Foto: picture alliance / dpa

Wer das Börsenjahr 2016 Revue passieren lässt, wird sofort an den Brexit, die Trump-Wahl und vielleicht noch die endlos scheinende Zinsdiskussion denken. Es gab aber noch viele andere Faktoren, die lange dafür gesorgt haben, dass eine positive Bilanz lange Zeit geradezu utopisch erschien.

So haben vor allem Wachstumssorgen das Bild der Börse geprägt. Der bange Blick ging vor allem nach China. Das Reich der Mitte sorgte mit schwachen Wirtschaftsdaten vor allem im ersten Halbjahr für kräftige Marktturbulenzen. Im Mai brach die Börse Schanghai auf einen Schlag um sieben Prozent ein. Erstmals in der Geschichte der chinesischen Festlandbörse wurde der Handel vorzeitig beendet.

Chinas Wirtschaft befindet sich in einem radikalen Wandel. Das Land will nicht mehr nur billige Werkbank der Welt sein sondern zu einem kaufkräftigen Technologiestandort heranwachsen. Die Bevölkerung soll eine breite Mittelschicht hervorbringen. Die Industrie, die als Zulieferer für westliche Firmen fungiert wird dabei zurück gefahren. Kritiker bemängeln, dass vor allem Reformen zu langsam umgesetzt würden. Viele Ankündigungen (wie Steuersenkungen) würden nicht in Taten umgesetzt, heißt es. Das belaste das Vertrauen der Wirtschaft.

Chinesische Investoren auf Einkaustour

Diese Sorgen suchten an den Börsen ihr Ventil, während chinesische Investoren den Umbau von einem Zulieferer- zu einem Technologiestandort durch Zukäufe weiter vorantrieben. Dabei gerieten zunehmend auch deutsche Unternehmen ins Visier der Chinesen. Vor allem Autoindustrie und Maschinenbau interessieren die Chinesen und damit zwei Kernkompetenzen der deutschen Wirtschaft. Dabei haben sie vor allem in Mittelständler investiert und machen manchmal mit illustren Namen auf sich aufmerksam. Kraussmaffei, der Baumaschinenhersteller Putzmeister, Kion (die Gabelstaplersparte von Linde), Autoschloss-Spezialist Kiekert und Müllverbrenner EEW Energy befinden sich unter anderem in chinesischer Hand.

Im endenden Jahr gelang die Übernahme des Roboterherstellers Kuka, sehr zum Leidwesen des deutschen Wirtschaftsministers, der einen Knowhow-Verlust für die deutsche Wirtschaft befürchtete und deutsche Investoren aufforderte, den Roboterkonzern vor chinesischen Investoren zu „retten“. Die Übernahme des Spezialmaschinenherstellers Aixtron scheiterte dagegen zumindest vorläufig am Veto des US-Präsidenten.

Aber auch deutsche Unternehmen befinden sich im Übernahmefieber. Die Beratungsgesellschaft EY hat errechnet, dass sich Zukäufe deutscher Finanzinvestoren auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren befinden. Vor allem Großfusionen bestimmen aber die Schlagzeilen. So will Bayer den Saatgutkonzern Monsanto für 55 Milliarden Euro übernehmen. Ungeachtet aller Unsicherheiten treibt die Deutsche Börse die Übernahme der Londoner Konkurrenz voran.

Befeuert wird die Übernahmelust vor allem durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Kreditfinanzierte Zukäufe werden so leichter umsetzbar. Dass es bei den niedrigen Zinsen bleiben wird, daran lässt EZB-Präsident Mario Draghi kaum einen Zweifel. Auf der letzten Sitzung des Jahres beschlossen die Währungshüter, das Anleiheaufkaufprogramm weiter zu verlängern.

Anleihezinsen befinden sich ohnehin im Keller. Erstmals in der Geschichte fiel die Umlaufrendite (das ist der durchschnittlich für alle gehandelten deutschen Staatspapiere gewährte Zins) in den negativen Bereich. Als wenig aussichtsreich erwies sich auch die Unternehmensseite. Die Pleiten bei den Mittelstandsanleihen rissen nicht ab. Für größtes Aufsehen sorgte der Kollaps des Holzschnitzelherstellers German Pellets, der die Anleger wohl 280 Millionen Euro kosten wird.

US-Notenbank deutet weitere Zinserhöhungen an

Auf der anderen Seite des Atlantiks stehen die Zeichen dagegen auf höheren Zinsen. Die US-Notenbank hat die Leitzinsen in ihrer letzten Sitzung angehoben. Drei weitere Schritte stehen im kommenden Jahr im Raum. Das stärkte den Dollar und schwächte den Euro. Erst einmal sahen Anleger die positiven Effekte. Zum Beispiel, so heißt es immer wieder, könne der schwächere Euro die Exportwirtschaft beflügeln. Rohstoffe, wie Öl, werden dagegen teurer.

Die Zeiten billigen Öls scheinen ohnehin zu enden, nachdem die Opec und andere Förderstaaten eine Kappung der Fördermenge beschlossen haben. Anfang des Jahres erwies sich der niedrige Ölpreis sich als weitere Bremse für die Börse. Auch wenn jedem klar war, dass vor allem das Überangebot das schwarze Gold belastete, so galt der niedrige Preis vor allem als Ausweis wirtschaftlicher Schwäche.

Bei den deutschen Konzernen standen vor allem VW und die Deutsche Bank im Blickpunkt. Der Abgasskandal schlug heftige Dellen nicht nur ins Image der Wolfsburger, während die Deutsche Bank ohnehin kaum noch an Ruf zu verlieren hatte. Hier waren es die Milliardenstrafen, die den Kurs kräftig belasteten. Immerhin schaffte das Bankhaus zuletzt wieder Gewinne. Auch die von US-Behörden verhängten Strafen fallen wohl deutlich niedriger aus, als zunächst angekündigt.

Auch viele Fonds beendeten das Börsenjahr im Plus. Vor allem Aktien-, Renten- und Mischfonds schnitten mit zum Teil hohen zweistelligen Zuwächsen ab. Bei manchen Fonds allerdings war die dreijährige Performance noch negativ.

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