EU-Parlament zum VW-Dieselskandal Strengere Kontrollen ab 2020

Brüssel · EU-Parlament stimmt über Abschlussbericht zum VW-Dieselskandal ab. Vieles bleibt unbeantwortet in der Affäre. Trotzdem wird es Konsequenzen geben.

 Während die EU die Affäre aufarbeitet, gibt es in Deutschland Aktionstage für bessere Luft.

Während die EU die Affäre aufarbeitet, gibt es in Deutschland Aktionstage für bessere Luft.

Foto: dpa

Zwölf Monate tagte der Untersuchungsausschuss im Europaparlament zur Aufarbeitung der VW-Affäre auf EU-Ebene. Es gab 27 Sitzungen, bei denen 47 Zeugen gehört wurden, darunter ehemalige EU-Kommissare und Bundesminister wie Alexander Dobrindt (CSU). An diesem Dienstag werden die Abgeordneten im Straßburger Parlament den Abschlussbericht beschließen, der den Nationalstaaten, aber auch der EU-Kommission Versäumnisse bei der Kontrolle der Autobauer ankreidet. Letztlich bleibt die Frage unbeantwortet: Wie konnte es so weit kommen, dass Abschalteinrichtungen zur Beeinflussung der Testergebnisse zwar bekannt und jahrelang verboten waren, aber dennoch systematisch eingesetzt wurden? Zumal es Hinweise gibt, dass schon 2013 der damalige EU-Industriekommissar Antonio Tajani auf die Missstände hingewiesen wurde.

Als Fazit kritisiert der Verkehrsexperte der SPD, Ismail Ertug, die „schlampige oder komplett fehlende Umsetzung von europäischen Vorschriften“. Der Verkehrsexperte Michael Cramer (Grüne) richtet den Blick auf die Entschädigung der Verbraucher: „Die Autokonzerne müssen auch in Europa finanziell zur Verantwortung gezogen werden. Bisher gehen die Geschädigten völlig leer aus.“ Die Kommission müsse Sammelklagen sowie ein Entschädigungssystem in der EU ermöglichen. Jens Gieseke (CDU) hält diese Forderung für unrealistisch: Es gebe in Europa keine einheitliche Rechtsgrundlage für Entschädigungen. Fahrzeuge in Europa könnten zudem nachgerüstet werden. Außerdem werde so nicht der Kern des Problems, nämlich zu hohe Schadstoffe, gelöst.

Auch am Dienstag will das Parlament Reformen beschließen, die der Industrie systematische Regelverstöße wie durch Schummelsoftware erschweren. Die Veränderungen sollen spätestens 2020 greifen und am Genehmigungsprozess ansetzen, der nötig ist, bevor ein neues Modell auf den Markt kommt. Dabei prüfen die nationalen Behörden, ob das Modell die EU-Vorschriften etwa zur Sicherheit bei Unfällen, aber auch beim Ausstoß von Schadstoffen und beim Kraftstoffverbrauch einhält.

Am Ende eines teuren Verfahrens, für das der Hersteller etwa ein Dutzend Fahrzeuge aus den ersten Fertigungszyklen zur Verfügung stellt, bekommt der Konzern die Typgenehmigung. Mit diesem Papier kann er das neue Modell in jedem Mitgliedsland der EU auf den Markt bringen. Bislang war die Typgenehmigung unbegrenzt gültig. Kaum zu glauben: Mittlerweile ist VW mit seinem Golf in der siebten Modellgeneration angekommen, die Typzulassung ist aber immer noch die gleiche wie beim Ur-Golf in den 70er Jahren.

Die Abgeordneten wollen daher beschließen, dass die Typzulassung nach sieben Jahren erlischt. Außerdem sollen die Hersteller die Typzulassung künftig nicht mehr direkt bei dem Prüfunternehmen, in Deutschland meist der Tüv oder Dekra, in Auftrag geben. Jetzt soll die nationale Aufsichtsbehörde, in Deutschland das Kraftfahrtbundesamt, zwischengeschaltet werden. Es soll auch die Rechnung begleichen und sich das Geld vom Hersteller zurückholen. So soll Interessenkonflikten vorgebeugt werden.

Umstritten ist noch, wie die Marktaufsicht organisiert werden soll. Eigentlich sind die EU-Mitgliedsländer dafür zuständig, den Markt zu überwachen. Der VW-Diesel-Skandal hat gezeigt, dass sie dazu nicht in der Lage sind. Andreas Schwab (CDU), Experte für den EU-Binnenmarkt: „Es darf künftig nicht mehr vorkommen, dass verschiedene Mitgliedstaaten die gleichen Fahrzeuge testen, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen und dann aufgrund einer fehlenden Einigung nichts mehr passiert.“ Die EU-Kommission soll künftig eigene Tests durchführen können. Außerdem soll ein Beschwerdegremium auf EU-Ebene eingerichtet werden, an das sich EU-Hauptstädte wenden können, wenn sie den Eindruck haben, dass die nationalen Behörden es in einem anderen Land mit der Marktüberwachung nicht so genau nehmen.