Einigung im Mega-Deal T-Mobile und Sprint im dritten Anlauf auf Fusions-Kurs in Amerika

Washington · Der Machtpoker ist vorbei: Im dritten Anlauf schluckt die Telekomtochter T-Mobile US den Konkurrenten Sprint. Doch bleibt die Frage: Wird der Plan von den Kartellbehörden abgesegnet?

John Legere, der Chef der amerikanischen Telekom-Tochter T-Mobile US, die gestern verkündet hat, den Konkurrenten Sprint zu schlucken und damit den milliardenschweren Mobilfunktmarkt in den Vereinigten Staaten umzukrempeln, hat einen Lieblingshelden: Batman. Nicht selten läuft der schräge Unternehmer, der äußerlich mit seiner dünnen Mähne eher wie der Manager einer 80er-Jahre-Rockband wirkt, im Kostüm des Comic-Helden herum, der für das Gute kämpft und gegen das Böse. Das Gute sind für den 59-Jährigen rund 130 Millionen US-Kunden, die nach der geplanten Fusion der Nummer drei (T-Mobile) und vier (Sprint) in den USA unter einem Dach den kombinierten Jahresumsatz von bisher über 70 Milliarden Dollar noch nennenswert steigern helfen sollen. Das Böse hatte Legere schon früher die „dumme, kaputte, arrogante Industrie“ genannt, sprich die Konkurrenz von AT & T und Verizon, den beiden Dickschiffen der Branche.

Um sie zu schlagen und die noch ungewisse Genehmigung der zuletzt bei Groß-Fusionen wählerisch gewordenen Kartellbehörden um die FCC und das Justizministerium zu erreichen, setzt der ständig in T-Mobil-Magenta-farbenen anzutreffende Legere auf einen Punkt, der bei US-Präsident Donald Trump besonders ziehen könnte. Gerade in ländlichen Gegenden Amerikas, wo die Mobilfunk- und Internetversorgung oft miserabel ist und Trump seine größten Wähler-Bastionen hat, will das neue Gemeinschaftsunternehmen massiv in Technologie und Arbeitsplätze investieren, um den neuen Industriestandard 5 G („fünfte Generation“) zu etablieren, der gegenüber heute einen 100-fach schneller Datendurchsatz ermöglichen soll. 5 G, so Sprint-CEO Marcelo Claure und Legere gestern in einer Telefonkonferenz mit Journalisten, sei für Mobilfunk-/Internet bedeutsamer „als der Übergang vom Schwarzweiß-Fernsehen zum Farbfernsehen“. In die nötige Zelltürme-Infrakstruktur, die dafür komplett geändert werden muss, werde man binnen drei Jahren über 40 Milliarden Dollar investieren.

Die ökonomischen Eckdaten des Projekts sind beachtlich. Der Gesamtwert beider Unternehmen beläuft sich nach Angaben von Legere auf 150 Milliarden Dollar. Finanziert werden soll das Geschäft über einen Aktienaustausch. Für 9,75 Sprint-Anteile erhalten die Aktionäre des mehrheitlich zur japanischen Softbank gehörenden Unternehmens im Gegenzug eine neue Aktie der T-Mobile US, führten Legere und Claure aus. Das neue Gemeinschaftsunternehmen hat weltweit 240 000 Mitarbeiter, 200 000 davon allein in den USA. Es wird den Namen „T-Mobile“ tragen. Legere bleibt Chef. Mike Sievert wird Chief Operating Officer. Die deutsche Telekom, die ihren Chef Timotheus Höttges als Chef des Verwaltungsrats abstellt, bekommt 42 % Anteil, behält aber die Stimmrechtskontrolle.

Was gewährleistet, dass der ehemalige Staatsbetrieb, der 63 % an T-Mobile US hält, weiter vom Umsatzbringer jenseits des Atlantiks profitieren kann. Die Softbank hält 27 % der Anteile. Der Rest kann von freien Aktionären erworben werden. Klappt alles nach Plan, würde das neue T-Mobile den Rivalen AT&T (insgesamt knapp 93 Millionen Kunden) von Platz zwei verdrängen. Und der Branchen-Primus Verizon (150 Millionen) käme in Sichtweite. Legere hatte bereits Ende 2017 seine ehrgeiziges Ziel formuliert: „In fünf Jahren werden wir der größte Mobilfunker in Amerika sein, keine Frage.“ Durch den jetzigen Zusammenschluss sollen sich Synergie-Effekte von über 40 Milliarden Dollar ergeben.

Der gestern Mittag in den USA vorgestellte Mega-Deal ist der vorläufige Schlusspunkt einer Entwicklung, die vor vier Jahren begann. Damals wollte sich Sprint noch T-Mobile einverleiben. Die Aufsichtsbehörden der damaligen Obama-Regierung legten sich quer. Im vergangenen Jahr gab es einen erneuten Anlauf, diesmal mit anderen Vorzeichen, weil T-Mobile durch die aggressive Vermarktungspolitik von John Legere zum stärkeren Player gewachsen war. Auch diese Verhandlungen verliefen im Sande, weil Softbank-Chef Masayoshi Son die unternehmerische Führung bei einer Fusion nicht abgeben wollte. Dieser Widerstand scheint nun überwunden. Dafür warten andere Hürden.

Wie das Beispiel der Hängepartie um AT&T und Time Warner zeigt, ist die Regierung Trump Fusionsplänen nicht grundsätzlich positiv gegenüber eingestellt. Bis die US-Wettbewerbshüter das komplette Projekt abgesegnet haben, wird es laut John Legere Mitte 2019 sein. Bis dahin will der Magenta-Mann immer wieder einen Punkt hervorheben: „Das neue T-Mobile wird das Netzwerk mit der höchsten Kapazität und den niedrigsten Preisen sein und verbessert gerade in ländlichen Regionen den Service.“

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