Gefährliche LKW Überladene Lastwagen und lange Lenkzeiten

Berlin · Viele Spediteure verstoßen systematisch gegen Vorschriften und verschaffen sich so Wettbewerbsvorteile.

LKW an LKW reiht sich auf dem Berliner Ring in Richtung der polnischen Grenze aneinander. Um 6.45 Uhr am Morgen winkt ein Polizist mit der Kelle in der Hand den ersten Lkw aus der Reihe heraus auf den Rastplatz Siethener Elsbruch. Dort warten schon die Fahrzeugexperten der Polizei zur Überprüfung der Fahrzeuge. Mit dabei ist auch der Leiter der Bußgeldstelle, Sascha Bodenstein. Denn in der Regel, in Nordbrandenburg 70 Prozent der Fälle, werden die Kontrolleure fündig. „In der Regel sind es vorsätzliche Verstöße“, sagt Bodenstein.

Überschrittene Lenkzeiten, überladene Transporter, abgefahrene Reifen, verbotene Sonntagsfahrten oder unzureichend befestigte Güter gehören zum üblichen Repertoire. Bundesweit wird jeder zweite kontrollierte Lkw beanstandet. Die Fahrer müssen dann entweder vor Ort ein Bußgeld bezahlen oder eine Sicherheitsleistung erbringen. Neu ist, dass die Behörden auch eine Gewinnabschöpfung anstoßen können. Das können beispielsweise Gewinne sein, die der Spediteur erzielt, wenn er das Fahrzeug überlädt. „Das kann von einem geringen dreistelligen bis zu einem hohen vierstelligen Betrag für eine Ladung reichen“, erläutert Bodenstein. Denn der systematische Regelbruch senkt die Kosten für den Spediteur und er hat bessere Karten im hart umkämpften Transportgewerbe. 100 Prüfverfahren zur Gewinnabschöpfung laufen derzeit allein in Brandenburg. Durchgeführt wurde noch keines.

Abschreckende Wirkung

An diesem Tag bleibt es zunächst ruhig. Nur fünf der 15 überprüften Lkw fallen durch kleinere Vergehen auf. „Auf uns wird alles abgeladen, vom Chef und von der Polizei, sagt ein Fahrer, der noch vier Stunden Fahrt vor sich hat. Bei ihm war alles in Ordnung. Meist sind es nach Einschätzung des SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Burkert osteuropäische Spediteure, die sich nicht an die Regeln halten. „Die europäische Zusammenarbeit ist nicht einfach“, weiß der Politiker um die Schwierigkeiten bei der Strafverfolgung jenseits der Grenzen.

Gerade von der Gewinnabschöpfung erhofft sich die SPD eine abschreckende Wirkung. Denn das kann für die Speditionen teuer werden. Nur ist die Kontrolldichte je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Dies ergab eine Umfrage der Fraktion bei den Länderpolizeien.

Spitzenreiter Berlin

Bei Spitzenreiter Berlin muss ein Fahrer alle 12.700 Kilometer mit einer Kontrolle rechnen, beim Schlusslicht Sachsen nur alle 162.700 Kilometer. Auch die Zahl der Gewinnabschöpfungen variiert stark. Hier liegt die Polizei in Baden-Württemberg mit 833 Einziehungsbescheiden über 1,3 Millionen Euro vorne. Leider liegen diese Zahlen nur für einige Länder vor. Es fehlt an Personal zusätzliche Kontrollen. „Wir suchen ganz dringend Leute“, sagt der Sprecher der nordbrandenburgischen Polizei, Heiko Schmidt. Bei einer dreijährigen Ausbildungszeit sei das Problem nicht über Nacht zu lösen.

Die SPD-Abgeordnete Kirsten Lühmann fordert zudem härtere Strafen. „Wir brauchen Sanktionen, die wirklich abschrecken und nicht ohne weiteres eingepreist werden können“, sagt der Verkehrsexpertin. Die stärke die große Zahl der gesetzeskonformen Spediteure ebenso wie den Güterverkehr auf der Schiene. Denn auch die Bahn leidet nach Angaben des Verbands Allianz pro Schiene an den Geschäftspraktiken im LKW-Verkehr. „Das Preisdumping im Gütertransport schädigt den Schienengüterverkehr“, sagt Verbandschef Dirk Flege.

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