Cum-Ex-Prozess am Landgericht Überraschendes Geständnis in Bonn

Bonn · Vor der 12. Großen Strafkammer äußerte sich der angeklagte ehemalige Manager der Hamburger Warburg-Privatbank in dieser Woche erstmalig zu den Vorwürfen im Rahmen des Cum-Ex-Prozesses – und zeigt Reue.

 Im Cum-Ex-Komplex gibt es viele Beschuldigte:Zentral ist Rechts­anwalt Hanno Berger, der allerdings nicht in Bonn vor Gericht steht.

Im Cum-Ex-Komplex gibt es viele Beschuldigte:Zentral ist Rechts­anwalt Hanno Berger, der allerdings nicht in Bonn vor Gericht steht.

Foto: dpa/Boris Roessler

„Nachdem ich über Ihren Hinweis von gestern noch einmal intensiv nachgedacht habe, ist mir klar geworden, dass ich mir Vieles schöngeredet habe“, begann der Angeklagte den zweiten Tag seiner angekündigten Einlassung. Und was dann folgte, war ein echter Paukenschlag in der Aufarbeitung des aktuell am Bonner Landgericht verhandelten, mittlerweile dritten Prozesses rund um die illegalen Cum-Ex-Geschäfte.

Denn noch am Montag, dem letzten vorausgegangenen Verhandlungstag, war der Manager sehr zur Verärgerung des Vorsitzenden Richters Roland Zickler der bisherigen Linie treu geblieben und hatte alle Vorwürfe weit von sich gewiesen. Dem 63-jährigen ehemaligen Geschäftsführer von Warburg Invest, einer Tochter der Hamburger Privatbank M. M. Warburg, wird von der Staatsanwaltschaft die Beteiligung an acht Fällen der strafbaren Steuerhinterziehung zwischen Ende 2006 und Ende 2013 zur Last gelegt.

Unter anderem soll er an der Planung zweier Fonds beteiligt gewesen sein, die besonders betuchte Investoren ansprachen. Wie ausgewechselt wirkte der Mann mit der Halbglatze und der Hornbrille dann am Mittwochmorgen: Anders, als zuvor behauptet, gab er an, angesichts der Dividendengeschäfte schon früh ein „Störgefühl im Bauch“ verspürt zu haben. Das habe er aber unterdrückt. Nicht zuletzt um seine Karriere als Geschäftsführer nicht zu gefährden, wie er angab. Offenbar hatte der studierte Mathematiker bereits früher erfahren, was es bedeutet nicht einer Meinung mit der Führungsriege der Bank zu sein.

Auch der Druck der beratenden Anwälte, insbesondere des mittlerweile von der Staatsanwaltschaft als federführend angesehenen Hanno Berger, hätte seinen Teil zu seinem Schweigen beigetragen. So habe er weiter an den Fondsgeschäften mitgewirkt und so – wie er nun einräumte – zur Verschleierung der Steuerhinterziehung beigetragen. „Das bedauere ich heute sehr“, zeigte er sich reumütig.

Insgesamt sollen sich vier ehemalige Führungskräfte der Hamburger Privatbank vor der 12. Großen Strafkammer verantworten; der entstandene Steuerschaden soll laut Staatsanwaltschaft insgesamt mehr als 325 Millionen Euro betragen. Ein erster angeklagter Warburg-Mitarbeiter, der als rechte Hand des früheren Bankchefs Christian Olearius galt, war im vergangenen Juni wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden, hatte die Vorwürfe aber bis zuletzt von sich gewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Geständnis stimmt Richter Roland Zickler milder

Der 63-jährige Angeklagte, der nun mittlerweile seit September 2021 vor Gericht steht, soll dazu beigetragen haben, den Fiskus gemeinsam mit anderen Beteiligten um deutlich mehr als 100 Millionen Euro zu erleichtern. Die Verfahren gegen mindestens zwei weitere Banker des Geldhauses stehen noch aus. Nach dem Geständnis am Mittwoch unterbrach der nun sichtlich milder gestimmte Vorsitzende Richter Roland Zickler die Verhandlung dann bis zum Folgetag. Am Donnerstagmorgen hatte die Kammer dann gut drei Stunden Zeit für Nachfragen. Wann das Urteil gesprochen werden kann, steht derzeit noch nicht fest, es sollen noch weitere Zeugen gehört werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Prinz Andrew droht jetzt der Prozess
Skandal um Missbrauchsvorwürfe gegen Prinz Andrew Prinz Andrew droht jetzt der Prozess
Aus dem Ressort