Wirtschaftlicher Exodus Unternehmen verlassen Katalonien

Barcelona · Den Separatisten droht eine Massenabwanderung. Wenn sich die Region tatsächlich von Spanien abtrenne, werde dies für Katalonien mit einer „wahrhaftigen Katastrophe“ enden, warnt der prominente katalanische Unternehmer José Luis Bonet.

 Katalanen haben am 3. Oktober in Barcelona für die Unabhängigkeit ihrer Region von Spanien demonstriert.

Katalanen haben am 3. Oktober in Barcelona für die Unabhängigkeit ihrer Region von Spanien demonstriert.

Foto: dpa

Und das in vielerlei Hinsicht: Weil die Separatisten einen tiefen Keil in die katalanische Gesellschaft trieben. Weil die einseitige Unabhängigkeitserklärung von keinem europäischen Staat anerkannt werde. Und weil viele der in dieser Mittelmeerregion angesiedelten Unternehmen die Flucht ergreifen würden.

In Sachen Wirtschaft scheint sich die düstere Prognose Bonets, Chef des katalanischen Sektkonzerns Freixenet und Vorsitzender der spanischen Handelskammer, schon zu erfüllen. Seit klar ist, dass sich die katalanischen Separatisten weder vom spanischen Verfassungsgericht noch von internationalen Appellen, das Gesetz zu respektieren, von ihrem Kurs abbringen lassen wollen, packen immer mehr Unternehmer Kataloniens die Koffer.

Auch das jüngste Verbot des obersten spanischen Gerichts scheint Kataloniens Ministerpräsidenten Carles Puigdemont nicht aufhalten zu können: Das Gericht hatte eine Sitzung des katalanischen Parlaments am kommenden Montag suspendiert, weil befürchtet wurde, dass dann die angekündigte einseitige Unabhängigkeitserklärung verabschiedet werden sollte.

Suche nach einem Vorwand, um abstimmen zu können

Nun versucht Puigdemont offenbar, das Verbot zu umgehen: Er beantragte bei der katalanischen Parlamentspräsidentin eine neue Sitzung für Dienstag, angeblich um die Kammer, in der die Separatisten eine knappe Mehrheit haben, „über die aktuelle politische Lage“ zu informieren. Es wird nicht ausgeschlossen, dass auch dies nur ein Vorwand ist, um die Abspaltung beschließen zu können.

Der schleichende Exodus der Wirtschaft ist schon seit Wochen im Gange. Doch spätestens seit der Ankündigung der katalanischen Großbank Sabadell, den Firmensitz aus der Regionalhauptstadt Barcelona nach Alicante in der Nachbarregion Valencia zu verlegen, wird deutlich, dass aus der bisherigen Abwanderung einzelner Unternehmen eine Massenbewegung werden könnte. Die Aussicht auf einen „Catalexit“, dem mit der Unabhängigkeit verbundenen Ausscheiden Kataloniens aus der Europäischen Union, hat offenbar die Alarmlampen in den Vorstandsetagen aktiviert.

Spaniens Wirtschaftsmedien erwarten, dass in Kürze auch Kataloniens größtes Unternehmen, die Caixabank, die Umsiedelung ihres Sitzes von Barcelona nach Palma de Mallorca bekanntgeben wird. Caixabank und Sabadell, Nummer drei und vier im spanischen Bankenranking, gehören zu den bekanntesten internationalen Marken Kataloniens. Beide Banken hatten die vergangenen Tage darunter gelitten, dass besorgte Anleger große Geldsummen abzogen. Für die Region, welche sich bisher als Spaniens produktivste Region rühmte, ist der Rückzug der Kreditinstitute ein schwerer Schlag, der Signalwirkung haben dürfte.

Der Anfang eines wirtschaftlichen Ausblutens?

Es könnte der Anfang eines wirtschaftlichen Ausblutens sein. Freixenet-Boss Bonet kündigte schon an, das er auch seinem Aufsichtsrat den Umzug der Zentrale des größten spanischen Schaumweinherstellers vorschlagen will. Der Cava-Konkurrent Codorniú hegt ähnliche Überlegungen. Weitere katalanische Weltkonzerne könnten folgen: der Energieriese Gas Natural, der Mischkonzern Albertis oder der Versicherer Catalana Occidente spielen offenbar gleichfalls mit einem Abschied aus Katalonien.

Spaniens konservative Regierung, die sich mit allen Mitteln gegen den illegalen Abspaltungsplan der katalanischen Führung stemmt, kam der Wirtschaft am Freitag zu Hilfe: Das Kabinett beschloss ein Dekret, das es den Unternehmen ermöglicht, per Eilverfahren den rechtlichen Firmensitz zu ändern.

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