Urteil des Bundesarbeitsgerichts Urlaubsanspruch verfällt nicht zwangsläufig

Berlin · Das Bundesarbeitsgericht stärkt in zwei Grundsatzentscheidungen die Rechte der Arbeitnehmer. Demnach erlöschen die Urlaubsansprüche nicht unbedingt nach einer Verjährungszeit von drei Jahren.

 Urlaubstage müssen nicht immer verjähren.

Urlaubstage müssen nicht immer verjähren.

Foto: dpa/Andrea Warnecke

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts haben entschieden, dass Urlaubsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber nach einer Verjährungszeit von drei Jahren nicht unbedingt erlöschen. Voraussetzung für den Verfall der bezahlten freien Tage ist eine Information des Arbeitgebers über eine drohende Verjährung der Ansprüche. Unterlässt der Arbeitgeber den Hinweis, läuft der Anspruch weiter. Das kann sogar über einen langen Zeitraum der Fall sein.

Wen betrifft die Entscheidung? Es gibt immer wieder Streit um verfallende Urlaubstage. Das Bundesarbeitsgericht hat nun in zwei exemplarischen Fällen ein Grundsatzurteil gefällt, das viele andere Beschäftigte auch betreffen dürfte. Im ersten Fall ging es um die Verjährungsfrist von drei Jahren. Geklagt hatte eine Steuerfachangestellte, die 101 Urlaubstage aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung über mehrere Jahre nicht nehmen konnte. Ihr Arbeitgeber zog sich auf den Standpunkt zurück, dass die Ansprüche verjährt seien. Dagegen klagte sie – und bekam am Ende recht. Im zweiten Fall ging es um eine Krankenhausangestellte, die lange krank war. Sie konnte im Jahr der Erkrankung nur einen Teil ihres Urlaubs nehmen. Hier ging es um den Streitpunkt, um die restlichen Tagen verfallen sind.

Wie sah die bisherige Rechtsauffassung aus? Grundsätzlich gingen die Juristen lange von einem automatischen Verfall der Urlaubstage aus, wenn seit dem Urlaubsjahr 15 Monate ins Land gezogen sind. Nach drei Jahren nahmen sie eine Verjährung der Ansprüche an. 2019 gab es dann bereits ein Grundsatzurteil, dass den Arbeitgebern eine Mitwirkungspflicht auferlegt, damit Urlaubstage nicht durch Unkenntnis oder Nachlässigkeit verfallen. Sie müssen ihre Beschäftigten darüber informieren und sie auffordern, den Resturlaub zu nehmen. Die Fragen nach Verjährung oder Krankheit blieben damals unbeantwortet. Das hat das oberste Gericht nun nachgeholt.

Wie können Ansprüche auch noch viele Jahre erhalten bleiben? Auch hier hat das Bundesarbeitsgericht einen exemplarischen Fall entschieden. Dabei ging es um einen Flughafenmitarbeiter, der im Dezember 2014 arbeitsunfähig wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch Anspruch auf 24 Urlaubstage, die nach der bisherigen Rechtsauffassung verfallen wären. Die Richter sehen in diesem Fall aber den Arbeitgeber in der Pflicht. Er hätte darauf hinwirken müssen, dass der Urlaub rechtzeitig im Jahr genommen wird. Deshalb sein der Anspruch nicht verfallen, auch bei einer noch 2019 bestehenden vollen Erwerbsminderung nicht. Die Arbeitgeber bekommen von den Gerichten also weitaus mehr Verantwortung zugewiesen als früher.

Muss der Urlaub innerhalb des laufenden Jahres genommen werden? Es ist das Ziel, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich regelmäßig von der Arbeitsbelastung erholen können. Deshalb sollen sie den Urlaub auch während des Jahres nehmen, in dem der Anspruch entsteht. In vielen Fällen kann der Urlaub nicht mehr vollständig im laufenden Jahr genommen werden. In der Regel holen die Beschäftigten die offene Zeit im ersten Quartal des folgenden Jahres nach. „Ansparen“ von Urlaubstagen über mehrere Jahre ist nicht erlaubt. In Fällen wie sie jetzt vom Bundesarbeitsgericht entschieden wurden, verschwindet ein Urlaubsanspruch nicht zwangsläufig, auch wenn es Jahre dauert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort