Von Marmelade bis Schraubendreher USA-Strafzölle treffen Deutschland und Frankreich besonders hart

Brüssel · Die USA bestrafen vor allem Deutschland und Frankreich mit hohen Importzöllen. Betroffen sind unter anderem Hersteller von Marmeladen und Schraubendrehern. Schlägt die EU im September zurück?

 Strafzölle treffen auch Hersteller von Schraubendrehern. (Symbolfoto)

Strafzölle treffen auch Hersteller von Schraubendrehern. (Symbolfoto)

Foto: picture-alliance/ dpa/Selbst ist der Mann

Das Dokument aus Washington umfasst 21 Seiten. Sehr detailliert haben die Experten des Handelsministeriums aufgelistet, welche der ab 1. September verhängten oder weiter geltenden Zölle welches EU-Mitgliedsland besonders treffen wird – allen voran Deutschland und Frankreich. Die Liste liest sich wie ein willkürliches Sammelsurium von Maßnahmen, die hiesigen Unternehmen zu schaffen machen dürften. „Das trifft deutsche Maschinenbauer und Hersteller von Milchprodukten, Marmelade und natürlich den Flugzeugbauer Airbus“, sagte Bernd Lange, SPD-Europa-Abgeordneter und Chef des mächtigen Handelsausschusses im Europäischen Parlament gegenüber unserer Zeitung. „Die Amerikaner, mit denen man derzeit einfach nicht reden kann, haben ein regelrechtes Waffenarsenal für ihren Handelskrieg gegen Europa zusammengestellt“, so Lange weiter. Auslöser des Streits sind Subventionen, die vor allem die vier großen Airbus-Länder Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien dem Luftfahrtriesen gewährt haben. Nach jahrelanger Prüfung hatte die Welthandelsorganisation (WTO) 2019 einer Klage der USA gegen diese Zuschüsse stattgegeben und Washington ermächtigt, sozusagen als Revanche zusätzliche Zölle auf europäische Produkte in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar zu erheben. Die Vereinigten Staaten belegten daraufhin Airbus-Maschinen mit einem Aufschlag von 15 Prozent und verteuerten weitere Waren wie Parmesan-Käse und Wein aus deutscher und französischer Produktion mit Importabgaben in Höhe von 25 Prozent. Die neue Liste nimmt nun einige Produkte wieder von den Zöllen aus – darunter griechischen Käse und britische Kekse - fügt aber andere Warengruppen hinzu, darunter Rohrschneidemaschinen, Schraubendreher und Joghurt aller Art. Bei der EU-Kommission meinte ein Sprecher von Handelskommissar Phil Hogan am Donnerstag, die Behörde „würdigt“ die Entscheidung der USA, weil der Flugzeugstreit „nicht durch eine Erhöhung der Zölle auf europäische Produkte verschärft“ worden sei. Richtig ist: Die Importzölle für Airbus-Jets bleiben unverändert bei 15 Prozent. Das soll eine gute Nachricht sein? „Diese Einschätzung kann ich nicht teilen“, betonte Lange. Schließlich habe Airbus erst Ende Juli die bisherige Subventionspraxis für seinen A-350-Flieger beendet und die Verträge mit Frankreich und Spanien korrigiert. Man befinde sich nun wieder ganz auf WTO-Linie, hieß es aus Toulouse. Den USA war das egal. Der neue Langstreckenflieger aus Europa wird für US-Käufer künstlich verteuert.

Dass die Reaktion der Vereinigten Staaten kurzsichtig ist, sieht auch Lange. Denn die EU hatte im Gegenzug bei der WTO gegen die staatlichen Zuwendungen für Airbus-Konkurrent Boeing geklagt und ebenfalls Recht bekommen. „Wir erwarten im September die Entscheidung, in welcher Größenordnung nun auch die EU höhere Importabgaben gegen US-Produkte erheben darf“, kündigte Lange an. „Die EU hat eine Liste fertig. Und wir werden diese dann auch zügig in Kraft setzen.“  Außerdem bereite die EU ein weiteres Instrument vor, um künftig schneller auf solche Handelsbeschränkungen reagieren zu können. Bis zu den US-Präsidentenwahlen ist an Entspannung wohl nicht zu denken. Würde eine demokratische US-Regierung unter einem Präsidenten Joe Biden und seiner Vize Kamala Harris einen anderen Kurs einschlagen? „Da bin ich mir ganz sicher“, betonte Lange. „Sie werden zu dem Grundprinzip zurückkehren, dass weltweite Regeln gelten. Handelskriege unter Partnern helfen niemandem.“

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