Kommentar zu einem Pilotversuch der Deutschen Post Verborgene Ziele

Meinung · Versuch macht klug, sagt der Volksmund. Pilotprojekte von Unternehmen sind oft sinnvoll, um Märkte oder neue Abläufe zu erkunden. Manchmal werden mit solchen Projekten aber auch eher hintergründige Ziele verfolgt.

Dass die Deutsche Post jetzt mit Kunden eine seltenere Briefzustellung ausprobiert, obwohl sie gesetzlich verpflichtet ist, an jedem Werktag Briefe auszutragen, lässt tief blicken: Es geht um Lobbyarbeit. Wenn Kunden sich dank einer Warenprobe als Belohnung auf größere Abstände einlassen, kann das Bonner Unternehmen damit bei Politikern für eine Änderung der gesetzlichen Auflagen werben. Deshalb ist das Vorgehen, Haushalte nach dem Zufallsprinzip von Briefträgern auswählen zu lassen, zweifelhaft. Dadurch kommen nicht wirklich zuverlässige Daten heraus.

Natürlich bleibt die Zeit nicht stehen. Die Zahl der Briefe wird geringer. Emails oder Whatsapp-Nachrichten haben längst den handgeschriebenen Liebesbrief verdrängt. Auch offizielle Benachrichtigungen wandern stärker auf den elektronischen Weg ab.

Doch es ist in einem hochentwickelten Staat wie Deutschland ein echter Standortvorteil, wenn Geschäftskunden davon ausgehen können, dass ihre Briefe zügig beim Empfänger ankommen. Unternehmen, die öffentliche Infrastrukturaufträge erfüllen, wie der Ex-Monopolist Deutsche Post, unterlegen besonderen Spielregeln. Die gesetzliche Verpflichtung, Briefe flächendeckend zuzustellen, wird an anderer Stelle bei den Preisen, die die Post für ihre Dienstleistungen nehmen darf, eingerechnet. Das Prinzip hat sich bewährt.

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