Ermittlungen gegen Audi-Mitarbeiter Verhafteter Audi-Manager packt aus

München · Giovanni P. könnte zum Kronzeugen der Dieselaffäre im VW-Konzern werden. Wird der Mann in die USA überstellt?

 Audi-Promotion 2009 in New York: Damals warb der deutsche Konzern für seine sauberen Dieselfahrzeuge.

Audi-Promotion 2009 in New York: Damals warb der deutsche Konzern für seine sauberen Dieselfahrzeuge.

Foto: AFP

Der wegen Betrugsverdachts in U-Haft sitzende Ex-Manager von Audi packt aus. „Mein Mandant kooperiert mit den Behörden, sagt aus, war aber nur Techniker und kein Entscheidungsträger“, erklärte sein Münchner Anwalt Walter Lechner dieser Zeitung. Eine Sprecherin der wegen der VW-Abgasaffäre ermittelnden Staatsanwaltschaft München 2 bestätigte das. „Er hat umfangreiche Angaben gemacht“, sagte sie auf Anfrage. Die Vernehmung sei noch nicht abgeschlossen. Zu Inhalten könne sie nichts sagen. Weitere Verhaftungen seien nun aber zumindest nicht ausgeschlossen. Zur Sichtweise, der inhaftierte Ex-Audianer sei nur Befehlsempfänger und keine treibende Kraft im Abgasskandal gewesen, meinte die Justizsprecherin nur, dass das eine Bewertungsfrage sei, zu der sie sich nicht äußern wolle.

Der seit einer Woche in U-Haft sitzende Giovanni P. ist ein italienischer Staatsbürger, der von 2006 bis November 2015 bei der VW-Tochter Audi am Standort Neckarsulm als ein führender Motorentwickler ein Team für die Entwicklung von Dieselabgastechnik geleitet hatte. Auch US-Behörden fahnden nach ihm. Sie werfen dem 60-Jährigen, der von Audi erst freigestellt und mittlerweile gekündigt worden ist, eine Mitwirkung an der Entwicklung von Abgas-Betrugssoftware für den US-Markt vor. In Deutschland ist der Italiener der erste Audi-Manager, der im Zuge des Dieselskandals verhaftet worden ist und hat nun das Zeug, sich zum Kronzeugen der Affäre zu mausern. Auf diese Weise könnte er den eigenen Kopf aus der Schlinge ziehen und zumindest Strafmilderung erreichen.

Wegen Fluchtgefahr in U-Haft gekommen

In U-Haft genommen wurde P. dem Vernehmen nach wegen Fluchtgefahr. Er soll sich zuletzt in Italien aufgehalten haben. Deutsche Ermittler sind ihm angeblich per Telefonüberwachung auf die Spur gekommen, als er vorige Woche unvorsichtigerweise wieder nach Deutschland eingereist war. Ermittler sehen ihn als eine Schlüsselfigur des VW-Skandals, der in weiten Teilen vor allem einer der Premiumtochter Audi ist. Diese gilt mittlerweile als Keimzelle für die Entwicklung der zur Verschleierung von Dieselabgasen nötigen Betrugssoftware, die weltweit in rund elf Millionen Autos des VW-Konzerns verbaut worden ist.

Der inhaftierte Giovanni P., der für eine Ausweitung der Affäre sorgen könnte, ist auf einem Youtube-Video zu sehen, wo er in den USA den angeblich saubersten Diesel der Welt anpreist. Abrufbar ist diese mittlerweile als Lüge entlarvte Aussage über die Suche „Audi the cleanest diesel in the world“.

Ermittelt wird gegen P. auch wegen unlauterer Werbung

In Deutschland wird gegen den hochrangigen Techniker neben Betrugs auch wegen unlauterer Werbung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft München 2 legt wert auf die Feststellung, Giovanni P. wegen eigener Ermittlungen in U-Haft genommen zu haben und nicht wegen eines Rechtshilfeersuchens aus den USA. Damit gilt es in Justizkreisen als unwahrscheinlich, dass die Münchner Justiz ihren mutmaßlich wertvollen Zeugen in die USA überstellt. Kooperieren können die Behörden dennoch transatlantisch.

Die Audi-Ermittlungen in München leitet Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel, der an der Isar vor gut einem Jahrzehnt schon für den Siemens-Bestechungsskandal zuständig war und sich dabei als unnachsichtig erwiesen hat. Die Münchner Ermittlungen richten sich gegen mehrere ehemalige und aktuelle Audi-Mitarbeiter. Frühere oder amtierende Vorstände sind laut Justiz nicht darunter.

In den USA hat sich VW Anfang des Jahres für schuldig bekannt, allein dort 600.000 Fahrzeuge mit einer Betrugssoftware ausgestattet zu haben. In Deutschland bezeichnen VW und Audi die Vorgänge dagegen immer noch verharmlosend als „Dieselthema“, um Entschädigungen zu vermeiden.

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