Nach Mieterprotesten Wohnungskonzern Vonovia will weniger modernisieren

Bochum · Wenn in die Jahre gekommene Mietshäuser eine neue Dämmung bekommen, laufen die Mieter oft Sturm - denn am Ende stehen meist happige Mieterhöhungen. Deutschlands größter Immobilienkonzern, der auch viele Wohnungen in Bonn besitzt, zieht nun die Reißleine.

 Der Vorstandsvorsitzende der Vonovia SE, Rolf Buch, im Eingangsbereich der Firmenzentrale.

Der Vorstandsvorsitzende der Vonovia SE, Rolf Buch, im Eingangsbereich der Firmenzentrale.

Foto: Marcel Kusch

Der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia will seine Investitionen in Modernisierungen drastisch kürzen. Hintergrund sei eine „dramatisch zurückgegangene“ gesellschaftliche Akzeptanz für die in der Regel mit Mietsteigerungen verbundenen energetischen Modernisierungen, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa-AFX und dpa. Mieterschützer und Wohnungswirtschaft warnten jedoch vor einem Verzicht auf mehr Klimaschutz und forderten Lösungen für eine gerechtere Verteilung der Kosten.

Vonovia hatte bislang durchschnittlich sieben Prozent der energetischen Modernisierungskosten - etwa für die Dämmung von Fassaden oder den Austausch alter Fenster - jährlich auf die Miete umgelegt, was in Einzelfällen zu Mieterhöhungen von mehr als drei Euro pro Monat und Quadratmeter geführt hatte. Das Unternehmen zählt mit einem Bestand von rund 400 000 ganz überwiegend in Deutschland gelegenen Wohnungen zu den größten deutschen Vermietern.

„Es nutzt nichts, wenn die Leute das nicht wollen“, sagte Buch. Ab sofort sei eine Kürzung der energetischen Investitionen um rund 40 Prozent geplant. Vonovia hatte zuletzt angekündigt, im laufenden Geschäftsjahr rund eine Milliarde Euro vorwiegend in energetische Modernisierungen, aber auch in Neubau und Dachaufstockungen investieren zu wollen. Während die Modernisierungsquote bei Vonovia bislang bei rund fünf Prozent des Wohnungsbestands gelegen habe, soll sich dieser Wert nun auf rund drei Prozent reduzieren.

Künftig werde es durch Sanierungen zudem keine Mietaufschläge von mehr als zwei Euro je Quadratmeter geben, auch wenn dies bei Quadratmetermieten von mehr als sieben Euro gesetzlich zulässig ist. Aktuelle Modernisierungsprojekte, die zu Mieterhöhungen von mehr als zwei Euro pro Quadratmeter führen, werde man sich „genau ansehen“.

Der zunehmende Verzicht auf energetische Modernisierungen bedeute aber auch gleichzeitig einen Rückschlag für den Klimaschutz, beklagte Buch. Die CO2-Bilanz vor allem aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren stammender Gebäude werde sich dadurch nicht wie geplant weiter verbessern, obwohl vielfach ein grundlegender Modernisierungsbedarf vorliege. Angesichts der steigenden Kosten am Bau seien Kostensenkungen bei der Durchführung von Modernisierungen derzeit nicht realistisch.

Mieterbund fordert Deckelung der Umlage

Aus Sicht des deutschen Mieterbunds führen Modernisierungen oft gar nicht zu deutlichen Energieeinsparungen. „Wenn Häuser immer dicker gedämmt werden, heißt das noch lange nicht, dass sie unbedingt viel Energie einsparen“, sagte Mieterbund-Sprecherin Silke Gottschalk in Düsseldorf. Statt die Modernisierungskosten einfach nur anteilig auf die Kaltmiete umzulegen, sei es sinnvoller, sich bei der Umlage an den tatsächlich eingesparten Betriebskosten zu orientieren, sagte Gottschalk.

Der Mieterbund fordert vor dem Hintergrund niedriger Zinsen eine Deckelung der Umlage auf vier Prozent der Kosten. Dies sei für den Vermieter immer noch ein „gutes Geschäft“, hieß es. Gleichzeitig müsse das Thema Klimaschutz auf verschiedene Säulen gerecht verteilt werden, forderte Gottschalk.

Der Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko, forderte ein Lösung für das „Klimaschutzdilemma“. „Das Erreichen der Klimaschutzziele ist nach der bisherigen Methodik für die verantwortlich handelnden Wohnungsunternehmen sowohl wirtschaftlich als auch sozial extrem schwer umsetzbar“, sagte er.

Der Präsident des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft ZIA, Andreas Mattner, bezeichnete die Kürzungspläne von Vonovia als eine „logische, aber eben auch traurige Konsequenz aus der aktuellen Diskussion um die Modernisierungspauschale in Deutschland“. „Damit erreichen wir unsere Klimaziele nicht“, sagte Mattner.

Vonovia will stärker in Schweden investieren

Vonovia will nun nach Angaben von Buch die frei werdenden Mittel verstärkt in Neubauten und in Modernisierungen in Schweden investieren, wo die Akzeptanz deutlich größer sei. Auf die Geschäftsentwicklung werde das Umsteuern keine Auswirkungen haben. Der Vonovia-Chef bezifferte die geplanten Gesamtinvestitionen auf jährlich rund 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres konnte der Konzern auch dank steigender Mieten seinen operativen Gewinn um knapp 13 Prozent auf 778 Millionen Euro kräftig steigern.

Vom kommenden Jahr an dürfen Hausbesitzer nach Modernisierungen nur noch maximal acht Prozent der Renovierungskosten im Jahr statt bisher elf Prozent auf die Miete umlegen. Pro Quadratmeter sind dann Erhöhungen bis zu drei Euro erlaubt. Wo die Miete weniger als sieben Euro pro Quadratmeter beträgt, dürfen Vermieter nur zwei Euro pro Quadratmeter aufschlagen.

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