Interview mit Clemens Fuest „Zölle für iPhones und Harleys sind denkbar“

Bonn · Laut dem Wirtschaftsforscher Clemens Fuest muss ein Handelskrieg zwischen den USA und Europa verhindert werden. Strafmaßnahmen gegen US-Unternehmen könnten als Abschreckung dienen.

Deutsche könnten von Importzöllen auf Motorräder von Harley-Davidson betroffen sein, die zur Abschreckung verhängt werden.

Deutsche könnten von Importzöllen auf Motorräder von Harley-Davidson betroffen sein, die zur Abschreckung verhängt werden.

Foto: dpa

Wirtschaftsforscher Clemens Fuest plädiert dafür, dass Europa Strafmaßnahmen gegen US-Unternehmen vorbereitet. Dies soll die US-Regierung davon abhalten, ihrerseits Importzölle zu erheben.

US-Präsident Donald Trump hat Unternehmen wie BMW hohe Zölle für den Import ihrer Fahrzeuge in die USA angedroht. Sie haben die EU kürzlich aufgefordert, eine Politik der ökonomischen „Abschreckung“ vorzubereiten. Warum?

Clemens Fuest: Ich würde es eher so formulieren: Das Ziel der EU muss darin bestehen, einen Handelskrieg zu vermeiden. Dazu gehört es, gegenüber den USA zu signalisieren, dass im Fall protektionistischer Maßnahmen Gegenmaßnahmen der EU unvermeidlich wären. Abschreckungsstrategien funktionieren allerdings nur bei Akteuren, die im Prinzip rational handeln.

Abschreckung klingt nach Kaltem Krieg. Ist unser Verhältnis zur ehemaligen westlichen Führungsmacht schon so zerrüttet?

Fuest: Nein, das ist es glücklicherweise nicht. Gleichzeitig sollte in den USA nicht der Eindruck entstehen, die USA könnten einen protektionistischen Kurs einschlagen, ohne dass es ihnen selbst erheblichen Schaden zufügt. Das ist allerdings auch ohne Gegenmaßnahmen der Fall.

Wäre es denkbar, dass die EU neue, hohe Importzölle beispielsweise für iPhones von Apple, Motorräder von Harley-Davidson, Tesla Automobile und Barney's Best Creamy Peanut Butter verhängt?

Fuest: Das wäre denkbar, allerdings sollte die EU sich dabei an die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) halten. Man sollte also erst dann zu Strafzöllen greifen, wenn die WTO dem zugestimmt hat und Vermittlungsversuche gescheitert sind, auch wenn das dauern kann.

Welche konkreten Maßnahmen würden Sie der Europäischen Kommission vorschlagen?

Fuest: Der erste Schritt würde darin bestehen, auf protektionistische Maßnahmen der USA mit einer Klage bei der WTO zu reagieren.

Die amerikanischen Republikaner erwägen, das dortige Steuersystem umzubauen. Einnahmen durch ausländische Produkte könnten im Vergleich zu einheimischen Waren benachteiligt werden. Kann Europa auch dabei Gleiches mit Gleichem vergelten?

Hielten Sie es für sinnvoll, dass Deutschland hiesigen Unternehmen einen Ausgleich für neue US-Zölle oder Steuern zahlt, um Nachteile zu kompensieren?

Fuest: Nein, das wäre eine Einladung an die USA, die Zölle dort weiter zu erhöhen. Man könnte sich quasi direkt aus dem deutschen Staatshaushalt bedienen. Das geht nicht.

Der starke deutsche Export stört auch manche Nachbarn in Europa, die französische Regierung beispielsweise. Reibt man sich dort jetzt die Hände, weil Deutschland ein besonderes Problem mit Trump bekommt?

Fuest: Das denke ich nicht. In deutschen Exportprodukten für den amerikanischen Markt stecken in großem Umfang Vorprodukte aus Frankreich und anderen EU-Ländern. Außerdem würden Arbeitsplatzverluste in Deutschland dazu führen, dass Deutsche weniger französischen Wein trinken und weniger Geld für den Urlaub in Italien haben. Wenn Deutschland weniger in die USA exportiert, schadet das der gesamten EU.

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