Flexible Arbeitszeitmodelle Zu viel Kontrolle am Arbeitsplatz macht unzufrieden
Berlin · Flexible Arbeitszeitmodelle sorgen nach einer neuen Studie des Kölner Instituts für Wirtschaft für weniger Konflikte mit dem Vorgesetzten. Viele Unternehmen setzen noch auf Kontrolle.
Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zur eigenen flexiblen Arbeitszeitgestaltung etwa durch Home-Office-Zeiten geben und sie wenig kontrollieren, steigern damit die Zufriedenheit und die Arbeitsproduktivität im Unternehmen. Das zeigt eine noch unveröffentlichte Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Demnach zeigen wissenschaftlich basierte Umfragen in Unternehmen, dass mit zunehmender Kontrolle und Überwachung der Mitarbeiter die Unzufriedenheit und die Konflikte mit dem Chef zunehmen.
Setzt ein Unternehmen dagegen auf weniger Kontrolle über die Einhaltung von Arbeitszeiten, sind rund 60 Prozent der Arbeitnehmer sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. In Firmen mit strengen Kontrollen etwa durch Stechuhren oder Vorgesetzte sind es nur 45 Prozent. Überraschend ist weniger dieser Befund als der Absender: Das Kölner Institut finanzieren die Arbeitgeberverbände.
Viele Arbeitgeber haben aber auch in Zeiten des digitalen Wandels, der das Arbeiten von unterwegs, zuhause oder in unterschiedlichen Betriebsstätten technisch erleichtert, große Schwierigkeiten, die traditionelle Anwesenheitspflicht am festen Arbeitsplatz aufzugeben. In vielen Unternehmen herrscht noch immer ein gewisses Misstrauen gegenüber den Beschäftigten. Nach dem Motto: Bei weniger Kontrolle wird auch weniger gearbeitet.
Eigenes Arbeitstempo an Kollegen angepasst
Ausgewertet haben die IW-Forscher Zahlen der Europäischen Union und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, die regelmäßige Umfragen in ausgesuchten Bevölkerungsteilen durchführen. Die Daten des European Working Conditions Survey zeigen, dass die direkte Kontrolle durch den Chef nur einen geringen Einfluss auf die Arbeitsproduktivität hat. Sie ist nur für zwei Prozent der Arbeitnehmer entscheidend dafür, wie schnell sie arbeiten. Dagegen geben 35 Prozent der Arbeitnehmer an, ihr eigenes Arbeitstempo vor allem am Tempo der Kollegen zu orientieren. Für rund 26 Prozent sind Forderungen von Kunden der wichtigste Treiber.
Setzt ein Unternehmen auf weniger Kontrollen, sind mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer sehr zufrieden mit ihrer Arbeit, zeigen Daten des so genannten Sozio-ökonomischen Panels am DIW. Lediglich 13 Prozent der Arbeitnehmer, die keinen strengen Kontrollen ausgesetzt sind, berichten von Ärger oder Konflikten mit ihren Vorgesetzten. Gibt es hingegen im Unternehmen strenge Regulierungen und Kontrollen, dann steigt auch das Konfliktpotenzial und 32 Prozent der Arbeitnehmer – mehr als doppelt so viele – haben Konflikte mit der Führungskraft. Die Ergebnisse der Befragungen zeigten auch, dass Mitarbeiter mit flexiblen Arbeitszeiten eher dazu neigen, anderen Menschen zu vertrauen.
Angst vor Kontrollverlust im Home-Office
„Manche Unternehmen haben nach wie vor Angst, durch Home-Office oder flexible Arbeitszeiten die Kontrolle zu verlieren. Unsere Studie zeigt jedoch ganz klar, dass es dafür keinen Grund gibt. Vertrauen zahlt sich aus“, sagt IW-Autor Dominik Enste. Die Instrumente für flexible Arbeitszeiten seien vielfältig. Sie reichten über Home-Office-Möglichkeiten, Teilzeit und Gleitzeitmodellen bis hin zu Arbeitszeitkonten.
Hinzu kommt, dass durch Gesetze und Verordnungen der Druck auf Unternehmen zugenommen hat, ein so genanntes Compliance System einzuführen. Vorgeschrieben werden unter anderem regelmäßige Mitarbeitergespräche, in denen es darum geht, wie Karriere und Produktivität eines Mitarbeiters verbessert werden können. Diese Ansätze können jedoch zum Gegenteil dessen führen, was sie bewirken sollen: Laut IW können Mitarbeiter ein zu konsequentes oder falsches Compliance System auch als Zeichen des Misstrauens und der Kontrolle bewerten.