Kommentar zur Mietenentwicklung Zündstoff Miete

Meinung | Berlin · Die Politik täte gut daran, sich nicht mit nahezu wirkungslosen Eingriffen wie der Mietpreisbremse zu begnügen. Denn es geht hier um die wichtigste soziale Frage des nächsten Jahrzehnts, meint unser Autor.

 Der Mieterbund rechnet damit, dass die ortsübliche Vergleichsmiete um bis zu fünf Prozent im nächsten Jahr steigt.

Der Mieterbund rechnet damit, dass die ortsübliche Vergleichsmiete um bis zu fünf Prozent im nächsten Jahr steigt.

Foto: picture alliance / dpa

Die Stimmung vieler Bürger ist schlechter als die Lage. Die Aussichten auf das kommende Jahr sind für die meisten privaten Haushalte erst einmal ganz gut. Die Löhne steigen, es gibt hier und dort Entlastungen bei den Sozialabgaben, und das Finanzamt will etwas weniger Steuern bei den Arbeitnehmern eintreiben. Doch der verbreitete Pessimismus kommt nicht von ungefähr. In den Städten entwickelt sich eine brisante Lage, denn der knappe Wohnraum sorgt für so stark steigende Mieten, dass viele Bürger unter dem Strich weniger finanziellen Spielraum haben werden. Nur Eigenheimbesitzer können sich ruhig zurücklehnen. Die Zinsen für Immobiliendarlehen sind weiterhin niedrig und die Wohnnebenkosten bleiben weitgehend stabil.

Die Unsicherheit der Mieter wächst hingegen. Viele müssen schon heute mehr als ein Drittel ihres Einkommens für das Wohnen aufbringen. Dieser Anteil gilt als Richtwert für eine noch erträgliche Belastung. Doch der Mieterbund beobachtet, dass in den Ballungsgebieten nicht mehr nur die Mieten bei neuen Verträgen exorbitant steigen, sondern der Trend nun auch die Bestandsmieten erreicht hat. Das birgt einen zusätzlichen sozialen Zündstoff, weil insbesondere Geringverdiener von Verdrängung bedroht sind, aber längst nicht nur sie.

Die ortsüblichen Vergleichsmieten taugen derzeit nicht als Richtschnur für einen angemessenen Preis. Denn mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung treiben die weit über der allgemeinen Teuerung liegenden Mieterhöhungen auch diesen Wert in die Höhe. Wenn die Bürger dauerhaft mehr für das Wohnen ausgeben müssen, als sie durch Lohnerhöhungen hereinbekommen, werden sie ärmer. Ihr ohnehin schon verbreiteter Staatsverdruss steigt weiter.

Die Politik täte gut daran, sich nicht mit nahezu wirkungslosen Eingriffen wie der Mietpreisbremse zu begnügen. Die Baustandards müssen gesenkt werden, damit neue Wohnungen zu bezahlbaren Preisen gebaut werden können. Und in einer so angespannten Situation wäre auch eine Deckelung der Bestandsmieten wünschenswert, die sich zum Beispiel an der Teuerungsrate orientieren kann. Denn es geht hier um die wichtigste soziale Frage des nächsten Jahrzehnts.

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