Reaktivierung stillgelegter Trassen Zwei Bahn-Strecken in Bonn könnten wieder ans Netz

Berlin · Verkehrsverbände fordern eine Reaktivierung stillgelegter Trassen. Eine Analyse der Verbände zeigt, dass davon 291 Städte und Gemeinden profitieren können. Allein in NRW kommen 149 Kilometer Gleise infrage, in Bonn zwei.

 4016 Kilometer stillgelegte Trassen könnten durch eine Reaktivierung wieder genutzt werden.

4016 Kilometer stillgelegte Trassen könnten durch eine Reaktivierung wieder genutzt werden.

Foto: dpa/Boris Roessler

Statt Gleise raus soll es bald wieder Gleise rein heißen. 4016 Kilometer lang sind stillgelegte Trassen, die wieder genutzt werden könnten. Das haben der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) und die Allianz pro Schiene ermittelt. Allein in Nordrhein-Westfalen kommen 149 Kilometer für den Personenverkehr und zehn Kilometer für den Güterverkehr für eine neuerliche Nutzung in Frage.

Die Reaktivierung wäre die Umkehr einer früheren Bahnpolitik. Insbesondere zu Beginn des Jahrhunderts wurden viele Strecken stillgelegt. Von einst 44 600 Gleiskilometer sind heute noch 38 500 übrig geblieben. Insbesondere die Anbindung ländlicher Regionen blieb dabei auf der Strecke.

Innerhalb von einem Jahr sechs Strecken wieder in Betrieb

Umgekehrt könnte ein Reaktivierungsprogramm wieder Züge in diese Gebiete rollen lassen. Die Analyse der Verbände zeigt, dass davon 291 Städte und Gemeinden profitieren können. Das bedeutet für drei Millionen Einwohner eine neue Zugverbindung.

„Mit der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken können wir den jahrzehntelangen Rückzug der Schiene aus der Fläche stoppen und umdrehen“, sagt Dirk Flege von der Schienenallianz. Innerhalb eines Jahres seien bundesweit bereits sechs Strecken wieder in Betrieb genommen. Insgesamt sind dafür 238 Verbindungen geeignet. Bei vielen andere Ex-Trassen ist dies nicht mehr möglich, weil zum Beispiel der Grund darunter verkauft oder bebaut worden ist.

Lange wurde die Forderung nach der Wiederbelebung von Gleisen als zu teuer und unwirtschaftlich abgetan. Der Bund sah dafür auch keine Förderung vor. Das Blatt hat sich in den letzten Jahren deutlich gewendet. Alle Städte mit wenigstens 100 000 Einwohnern sollen wieder ans Fernverkehrsnetz angeschlossen werden.

Der kürzlich verabschiedete Schienenpakt bestätigte das Ziel, das Fahrgastaufkommen bis zum Ende des Jahrzehnts zu verdoppeln. „Wenn die Eisenbahn das Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts werden soll“, betont Flege, „müssen wir das ganze Land im Blick haben.“ Es gehe um Klimaschutz, aber auch um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

Die Chancen für die Umsetzung der Vorschläge stehen nicht schlecht. Mit der Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) hat der Bund eine Förderung von 90 Prozent für die Reaktivierung von Strecken eingeführt. Auf Ebene der Länder und Kommunen habe dies umfangreiche Aktivitäten ausgelöst, beobachtet Jörgen Boße, der beim VDV für die Infrastruktur zuständig ist. „Wir rechnen damit, dass dadurch die Wiederbelebung in den kommenden Jahren erheblich Fahrt aufnimmt“, sagt er.

Auch aus der Politik kommt Rückenwind. Verkehrsminister Andreas Scheuer will einen schnellen Ausbau des Bahnnetzes und neben höheren Kapazitäten an den Knotenpunkten und dem Neubau von Schnellstrecken auch die Wiederbelebung vorantreiben. Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, fordert darüber hinaus ein Sonderprogramm des Bundes, damit die alten Kooridore wieder in Betrieb genommen werden können.

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