Jahreswirtschaftsbericht Zypries: "Deutsche Wirtschaft in sehr guter Verfassung"

Berlin · Mitten in den Koalitionsverhandlungen präsentiert Wirtschaftsministerin Zypries gute Nachrichten. Die Hauptbotschaft: Es geht weiter aufwärts - und sogar noch steiler. Wirtschaftsverbände haben dennoch einen Katalog an Forderungen.

 Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin.

Foto: Kay Nietfeld

Die künftige Bundesregierung kann auf den Rückenwind eines stabilen wirtschaftlichen Aufschwungs setzen. "Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer sehr guten Verfassung", sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) in Berlin bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts.

Sie hob die Konjunkturprognose für dieses Jahr deutlich an. Der Aufschwung komme auch bei den Arbeitnehmern an. Spitzenverbände der Wirtschaft mahnten, Wachstum sei kein Selbstläufer. Sie forderten mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD vor allem eine steuerliche Entlastung der Unternehmen.

Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland um 2,4 Prozent. Im Herbst hatte sie noch ein Plus von 1,9 Prozent prognostiziert.

Hauptgründe seien der starke private Konsum und die starke deutsche Exportwirtschaft. Die Wirtschaft in der Eurozone und weltweit habe sich besser entwickelt. Insgesamt habe der Aufschwung an Breite gewonnen, sagte Zypries. Die Investitionen seien gestiegen. Einen großen Anteil an der guten Entwicklung habe die deutsche Industrie.

Die Nettolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer würden weiter steigen. Sie seien seit 2013 durchschnittlich um mehr als 1,6 Prozent gewachsen. Dies stärke den privaten Konsum als eine Hauptstütze der guten Wirtschaftsentwicklung.

Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hält aus Sicht der Bundesregierung an. In diesem Jahr würden voraussichtlich noch einmal 490.000 Menschen zusätzlich einen Arbeitsplatz finden.

Eine Gefahr der konjunkturellen Überhitzung mit Überkapazitäten und stark steigenden Preisen sieht Zypries nicht. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem etwas niedrigeren Anstieg der Verbraucherpreise auf 1,7 Prozent. Zu den größten Herausforderungen zählte Zypries den Mangel an Fachkräften. Der vor allem von den USA kritisierte Leistungsbilanzüberschuss sei zwar weiter hoch, habe sich aber in den vergangenen Jahren verringert.

Spitzenverbände der Wirtschaft mahnten, die Politik müsse trotz des anhaltenden Aufschwungs die richtigen Schwerpunkte setzen. "Es ist grundfalsch, sich im neunten Aufschwungsjahr von der weiterhin guten deutschen Wirtschaftsleistung blenden zu lassen", sagte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf. "Es ist alles andere als sicher, dass der Aufschwung auch die kommenden vier Jahre einfach so weitergeht." Die Steuerpläne in den Koalitionsverhandlungen ließen die Unternehmen links liegen. "Das trifft vor allem unseren Mittelstand und ist inakzeptabel."

Gerade als Reaktion auf die US-Steuerreform mit einer massiven Senkung der Unternehmenssteuern fordert die Wirtschaft eine Entlastung deutscher Firmen. Wirtschaftsministerin Zypries warnte aber vor einem "Wettlauf" bei der Steuer. "Wir sollten uns nicht in dieses Fahrwasser begeben."

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Martin Wansleben sagte, viele Unternehmen sorgten sich, dass die gute konjunkturelle Situation den Blick der Politik auf die Herausforderungen trübe. Die Betriebe bewerteten wichtige Standortfaktoren wie etwa die Verkehrsinfrastruktur, das Fachkräfteangebot oder das Steuersystem zunehmend schlechter. Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer forderte, die neue Bundesregierung müsse die Digitalisierung vorantreiben, den demografischen Wandel gestalten und die Energiewende steuern.

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