Verbraucherschützer für Ausstieg aus Offshore-Windkraft

Berlin · Zum Schutz der Bürger vor weiter steigenden Strompreisen dringen führende Verbraucherschützer auf einen raschen Stopp neuer Offshore-Windkraftprojekte auf hoher See.

 Verbraucherschützer fordern einen Stopp neuer Offshore-Windkraftprojekte auf hoher See. Foto: Teresa Dapp/Illustration

Verbraucherschützer fordern einen Stopp neuer Offshore-Windkraftprojekte auf hoher See. Foto: Teresa Dapp/Illustration

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"Der Bau von Seewindanlagen weit draußen und tief im Meer stellt sich immer mehr als ein ökonomischer und technologischer Irrläufer heraus", heißt es in einer Analyse der Verbraucherzentrale Bundesverband, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hält den Bau von See-Windparks dennoch für unverzichtbar.

"International wird sich allenfalls Seewind in Küstennähe durchsetzen, was aber in Deutschland wegen des Wattenmeers nicht infrage kommt", schreibt der Energieexperte Holger Krawinkel in der Analyse der Verbraucherzentrale. Je schneller der Ausstieg aus dem Offshore-Ausbau vereinbart werde, umso geringer würden die negativen Folgen im Hinblick etwa auf die Kosten ausfallen. Gerade nach dem gescheiterten Energiegipfel bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse über Richtungswechsel bei der Energiewende nachgedacht werden.

Da für Offshore-Windstrom zu Beginn sehr hohe Einspeisevergütungen bezahlt werden, ist mit spürbaren Zusatzbelastungen zu rechnen. Die Kosten dafür werden per Ökostrom-Umlage auf den Strompreis der Bürger aufgeschlagen. Um den Netzanschluss auf See zu beschleunigen, wurde zudem Anfang des Jahres eine Sonderumlage eingeführt, die einen durchschnittlichen Haushalt pro Jahr knapp 9 Euro zusätzlich kostet.

Unterdessen bestätigten sich am Dienstag Zahlen von Anfang des Jahres, wonach Deutschland durch immer mehr Windparks an Land und mehr Solarenergie den höchsten Exportüberschuss beim Strom seit 2008 erzielt hat. Der Überschuss war mit 22,8 Terawattstunden (TWh) fast viermal so hoch wie noch 2011, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Deutschland erwirtschaftete damit 2012 beim Strom einen Handelsüberschuss von 1,4 Milliarden Euro - trotz der Abschaltung von acht Atomkraftwerken 2011.

In den letzten Jahren war nur 2006 und 2008 mit jeweils 22,9 TWh der Überschuss größer. Allerdings kostet der Ökostrom-Boom die Verbraucher allein in diesem Jahr 20 Milliarden Euro an Umlagekosten - daher wächst der Druck, den teuren Offshore-Ausbau zu kappen.

Bisher plant die Bundesregierung in der Nord- und Ostsee bis 2020 Anlagen mit einer Leistung von 10 000 Megawatt, bis 2030 sollen es sogar 25 000 Megawatt sein. Derzeit sind es erst rund 200 Megawatt. In der Branche wird schon jetzt nur noch mit 6000 bis 8000 Megawatt bis 2020 gerechnet. Gerade an der Küste sind viele Unternehmen vom Offshore-Zweig abhängig, ein Eindampfen der Ausbaupläne könnte viele Arbeitsplätze kosten. Bis 2030 sind zur Anbindung der Windparks rund 3880 Kilometer Seekabel notwendig und 25 Konverterplattformen, die den Strom sammeln und für den Transport umwandeln. Sellering warnte mit Blick auf den ebenfalls geplanten Ausbau der Windkraft an Land, "einen künstlichen Gegensatz zwischen Onshore und Offshore" aufzubauen. Die Errichtung von Windrädern vor den Küsten sei mit weniger Beeinträchtigungen für die Bevölkerung verbunden. Vor allem aber wehe auf See der Wind stärker und verlässlicher, so dass mit den Anlagen "praktisch grundlastfähig" Strom produziert werden könne. "Dort können auch große Einheiten aufgebaut werden, die wir brauchen, um in zehn Jahren aus der Atomenergie aussteigen zu können", erklärte der Ministerpräsident, dessen Küstenland wirtschaftlich stark auf den Ausbau der Offshore-Energie gesetzt hat.

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