Grabschmuck: Seit Jahrtausenden menschliches Ritual

Washington · Ob Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen: Blumenschmuck gehört in zahlreichen Kulturen zu zeremoniellen Anlässen dazu. Am Mittelmeer legten Menschen schon vor mehr als 12 000 Jahren ihren Gestorbenen Blumen bei.

 Blumenschmuck auf Gräbern gehört bereits seit Jahrtausenden zu den menschlichen Ritualen. Foto: Jan-Peter Kasper

Blumenschmuck auf Gräbern gehört bereits seit Jahrtausenden zu den menschlichen Ritualen. Foto: Jan-Peter Kasper

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Solche Zeremonien könnten das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe gestärkt haben, schreiben die Forscher in den "Proceedings" der Nationalen Akademie der Wissenschaften in den USA ("PNAS").

Die Wissenschaftler um Dani Nadel von der Universität Haifa (Israel) untersuchten Gräber aus der sogenannten Natufien-Kultur. Die begann vor etwa 15 000 Jahren in den Ländern des östlichen Mittelmeeres, in der Levante. Die Angehörigen dieser Kultur legten den Autoren zufolge in der Region erstmals Friedhöfe zur Bestattung ihrer Toten an. Einer davon findet sich in der Raqefet Höhle, die im Carmel-Gebirge in Israel liegt. Dort wurden insgesamt 29 Skelette gefunden, die meisten in Einzelgräbern, vier in Doppelgräbern. Vier der Gräber untersuchten die Forscher nun genauer. Sie wurden auf eine Alter von 13 700 bis 11 700 Jahre datiert.

Die Wissenschaftler entdeckten zahlreiche Abdrücke von Blumen, mit denen die Einfassungen der Gräber einst ausgelegt worden waren. Darunter befanden sich unter anderen Salbei, Minzen und Braunwurzgewächse. Einige der Pflanzen weisen auf ein Begräbnis im Frühjahr hin, bei denen besonders farbenprächtige und aromatische Blumen genutzt wurden. Die Forscher fanden diese Pflanzen-Abdrücke nur in den Gräbern, nirgendwo sonst in der Höhle.

In Bodenproben von dem Friedhof wiesen die Wissenschaftler zudem zahlreiche Phytolithen nach. Das sind Strukturen aus Siliziumdioxid, die einige Pflanzen während ihres Lebens im Inneren ihrer Zellen ablagern. Die Phytolithe bleiben im Boden zurück, nachdem die Pflanze abgestorben und verrottet ist, und weisen so noch Jahrtausende später auf das ehemalige Vorhandensein einer Pflanze hin.

Schließlich entdeckten die Forscher noch, dass der Felsboden einiger Gräber gemeißelt worden war. So sollten die Toten vermutlich in eine geeignete Lage gebracht werden, möglicherweise hatte es aber auch eine symbolische Bedeutung.

Die Nutzung von Blumen bei sozialen Anlässen wie einer Beerdigung könnte ein Mittel gewesen sein, um die Gruppenidentität und die Solidarität untereinander zu stärken und soziale Spannungen zu reduzieren, schreiben die Forscher.

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Runter vom Sockel
Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Bonn Runter vom Sockel