Ein Protein hilft beim Recycling Auf der Suche nach den seltenen Erden

Bonn · Die kostbaren „Lanthanide“ sind in quasi allen Smartphone-Bauteilen enthalten – und nicht in unendlicher Menge verfügbar. Bio-Studierende der Uni und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg forschen an dem Protein Lanmodulin: Es kann beim Recyceln der Substanzen helfen.

 Im Labor: Doktorand Friedrich Ehinger arbeitet zu und mit dem Protein Lanmodulin.

Im Labor: Doktorand Friedrich Ehinger arbeitet zu und mit dem Protein Lanmodulin.

Foto: Benjamin Westhoff

Die jungen Leute hoffen, dass sie auch künftig in den Laboren des Instituts für Mikrobiologie und Biotechnologie an der Meckenheimer Allee arbeiten dürfen. Natürlich nicht alle gleichzeitig, aber das war auch vor Corona nicht nötig. Aber so könnten sie zumindest mit ihrer Forschung weitermachen und sich wieder mit Cer, Neodym und Promethium beschäftigen.

Das sind keine Außerirdischen aus einem Science-Fiction-Roman, sondern sie bilden zusammen mit zwölf weiteren Elementen die chemische Gruppe der Lanthanide – häufig auch seltene Erden genannt. Das kommt vor allem daher, dass es weltweit nur wenige Lagerstätten gibt, bei denen sich der Abbau lohnt. Ihre Anwendung hingegen ist vielfältig: So dienen sie beispielsweise als Katalysatoren bei der Umwandlung von Rohöl in häufiger verwendete Derivate wie Benzin. Auch befinden sie sich in praktisch allen Teilen von Smartphones.

Mit steigender Nachfrage nehmen die Ressourcen unweigerlich ab. Und genau an dem Punkt setzt die Arbeit (zusätzlich zum normalen Pensum) der rund 15 Biologie-Studierenden der Uni Bonn und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg an. Die Gruppe existiert (in wechselnder Besetzung) seit knapp zehn Jahren und nennt sich iGEM-Team Bonn.

Die Abkürzung steht für „international genetically engineered machine“, was wiederum ein weltweiter Studentenwettbewerb auf dem Gebiet der synthetischen Biologie/Biotechnologie ist, an dem die Gruppe regelmäßig teilnimmt. Ziel des wissenschaftlichen Wettstreits ist die Lösung alltäglicher Probleme durch die Anwendung synthetischer Biologie. So gab es in der Vergangenheit etwa das Vorhaben, durch ein Mundwasser Karies zu bekämpfen.

Sein jüngstes Projekt hat das Team „BioLan“ getauft – und damit eine Silbermedaille bei dem Wettbewerb gewonnen. Es beschäftigt sich mit der Gewinnung der seltenen Erden – genauer eben jener Lanthanide – aus Erzen. Laut Alexander Schmatz vom iGEM-Team Bonn sind aktuelle Methoden der Gewinnung energieaufwendig und langwierig. Zudem entstehen dabei häufig giftige Nebenprodukte, die kostspielig entsorgt werden müssen.

Verheerende Umweltbilanz: Nur ein Prozent der Lanthanide wird derzeit recycelt

Abgesehen von den offensichtlichen Strapazen für die Umwelt sind solche Verfahren auch teuer. Die verwendeten Chelatoren (Moleküle, die die seltenen Erden binden können) binden oft eher unspezifisch, was ihre Verwendung beim Recycling wenig effizient macht. „Aktuell werden nur etwa ein Prozent der verwendeten Lanthanide recycelt, was verheerend ist, wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine endliche Ressource handelt“, sagt Schmatz (24). 

Die Gruppe arbeitet daran, eine biotechnologische Alternative zu chemischen Methoden zu finden. Was den Studierenden dabei helfen soll, ist ein vor wenigen Jahren entdecktes Protein namens Lanmodulin. Es hat besondere Eigenschaften, so kann es mindestens drei Lanthanide gleichzeitig stark binden und unter bestimmten Bedingungen wieder freilassen.

Mithilfe dieses Proteins konnten die Nachwuchswissenschaftler erfolgreich Lanthanide aus Erzen extrahieren. Durch die Anwendung ihrer neu entwickelten Methode konnten sie die Reinheit der seltenen Erden im Endprodukt gegenüber der Ausgangslösung um das 17-Fache erhöhen. Ihre Hoffnung, damit den momentan industriell verwendeten Prozess zu ersetzen, hat sich wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit jedoch nicht erfüllt.

Es gibt weitere Ideen zur Anwendung des Proteins: So überlegen die Studierenden, ihre Methode auf Abwässer der Landwirtschaft und Industrie anzuwenden. Diese enthalten ebenfalls große Mengen an seltenen Erden, jedoch in Konzentrationen, die sie für konventionelle synthetische Chelatoren unzugänglich machen. Das Protein, das die Studierenden in ihrem Prozess verwenden, also  das Lanmodulin, ist laut Schmatz im Gegensatz dazu sehr wohl in der Lage, effizient Lanthanide zu binden. 

Doch um viele seltene Erden extrahieren zu können, brauchen sie auch viel Protein. Dazu müssen die jungen Leute zuerst ein Bakterium modifizieren, sodass dieses das Protein in großen Mengen herstellt. Anschließend extrahieren sie das Protein aus den Bakterien und können dann Lanthanide aus verschiedenen Quellen gewinnen, zum Beispiel eben aus Abwasser.

Schmatz erklärt: „Stark vereinfacht kann man sich das wie einen Elektromagneten vorstellen. Wir geben das Protein in eine Lösung mit Lanthanid-Ionen. Daraufhin bindet das Protein die Ionen (Magnet an). Dann extrahieren wir das Protein mit den gebundenen Lanthaniden und senken anschließend den pH-Wert. Dadurch entlässt das Protein die Ionen wieder (Magnet aus).“ So lägen die seltenen Erden ohne Verunreinigungen und in einer hohen Konzentration vor.

Das iGEM-Team startet aktuell mit der Vorbereitung für die Wettbewerbssaison 2022. Nachwuchswissenschaftler, die mitmachen möchten, können sich per Mail melden unter der Adresse igemteambonn@gmail.com.

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