Neue Professuren und Masterstudiengänge Sklaverei im Fokus der Bonner Forschung

Bonn · Leibeigenschaft in Antike und Moderne, in Ost und West, durch Europäer und Nichteuropäer: Der Exzellenzcluster „Beyond Slavery“ der Uni Bonn erhält neue Professuren und Masterstudiengänge.

 Ausbeutung auf der Zuckerrohrplantage: Sklavenhütten im Freilichtmuseum auf Martinique. Bonner Forscher betrachten das Phänomen in allen Zeiten und Erdteilen.

Ausbeutung auf der Zuckerrohrplantage: Sklavenhütten im Freilichtmuseum auf Martinique. Bonner Forscher betrachten das Phänomen in allen Zeiten und Erdteilen.

Foto: Martin Wein, Bonn

Drei Jahre nachdem die Deutsche Forschungsgemeinschaft der Universität Bonn in einem bundesweiten Wettbewerb unter Hochschulen grünes Licht für insgesamt sechs Exzellenzcluster gegeben hat, sind im Exzellenzcluster zur Sklaverei und Abhängigkeitsforschung in der Vormoderne die vier neuen Professuren besetzt worden.

Die Historikerinnen Julia Hillner und Claudia Jarzebowski sowie die Amerikanistin Pia Wiegmink komplettieren seit dem Wintersemester das Team im „Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS)“. Der Historiker Christoph Witzenrath forscht und lehrt dort bereits.

Zusammen sollen die vier das personelle Herzstück des Clusters bilden, wie Cluster-Sprecher Professor Stephan Conermann erklärt. Jüngst stattete auch die NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen auf ihrer Forschungsreise „#möglichmacher“ dem Cluster einen Besuch ab.

Claudia Jarzebowski konzen­triert sich auf die Global- und Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit. Sie befasst sich dabei auch mit der Geschichte von Abhängigkeiten und Versklavung sowie der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft.

Pia Wiegmink interessiert sich für kulturelle Praktiken und Narrative der amerikanischen Sklaverei und Abhängigkeit im 19. Jahrhundert sowie deren transatlantische Verflechtungen und Zirkulation. In früheren Forschungsprojekten untersuchte sie bereits US-amerikanische Literatur zur Abschaffung der Sklaverei vor allem im Hinblick auf Frauen als deren Autorinnen, Subjekte und Leserinnen.

Die Forscher/innen wollen den Begriff der Sklaverei weiter fassen als bisher

Julia Hillner untersucht vor allem den Wandel von Familie und Haushalt in der Zeit zwischen 300 und 750 nach Christus und wie sich dieser in Rechtsnormen und -praktiken niederschlägt.

Christoph Witzenrath schließlich ist schon seit 2017 Professor am BCDSS. Seine Forschungsschwerpunkte sind die eurasische Steppe und ihre Nachbarn sowie der Einfluss von Nomaden-Siedler-Beziehungen und Sklavenhandel auf soziale Abhängigkeiten und politische Repräsentation. Er möchte die strukturellen und kulturellen Besonderheiten der eurasischen Gesellschaften analysieren, die durch eine große Kluft zwischen dem Staat und den abhängigen sozialen Gruppen gekennzeichnet sind.

Insgesamt möchte der Cluster den Begriff von Sklaverei breiter fassen, der bislang vor allem auf die europäische Antike und das frühneuzeitliche Nordamerika bezogen wird. Dabei gibt es viele Formen von Abhängigkeit: Man denke an Leibeigene im europäischen Mittelalter, an Zwangsarbeiter oder an Europäer, die von nordafrikanischen Piraten versklavt wurden.

„Der Exzellenzcluster trägt mit seinem Themenschwerpunkt deutschlandweit ein Alleinstellungsmerkmal und ist ein wichtiger Pfeiler für die Geisteswissenschaften an der Universität Bonn“, sagt Rektor Professor Michael Hoch. Neben der inhaltlichen Arbeit werde auch der wissenschaftliche Nachwuchs mit Stellen für Postdoktoranden und Promotionen gefördert. Lehren werden die neuen Lehrstuhlinhaber vor allem in  den neuen Masterstudiengängen „Dependency and Slavery Studies“ und „Slavery Studies“.

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