Uni-Museum zeigt Ausstellung über die Katharer Die „Ketzerkirche“ gab es (so) nicht

Bonn · Eine Ausstellung im Universitätsmuseum widmet sich den sogenannten Katharern und ihrem Bonner Bezug. Sie zeigt: Vieles, was wir von der Glaubensgemeinschaft zu wissen glauben, ist katholische Propaganda aus dem Mittelalter.

 Lange standen die Katharer in dem Ruf, in Südfrankreich eine einheitliche Gegenkirche gegen Rom gebildet zu haben.

Lange standen die Katharer in dem Ruf, in Südfrankreich eine einheitliche Gegenkirche gegen Rom gebildet zu haben.

Foto: Barbara Frommann / Uni Bonn

Im zweiten Anlauf hat es nun geklappt: Das Bonner Institut für Geschichtswissenschaft hat jetzt nach einer der Pandemie geschuldeten Verzögerung eine Aufsehen erregende Sonderausstellung der Universität Montpellier ins hiesige Universitätsmuseum geholt: Bis zum 3. Juli ist sie unter dem Titel „Die Rheinlande und die »Erfindung« der Katharer – Die Konstruktion eines Feindbildes“ im Uni-Hauptgebäude zu sehen. 

In Montpellier hat man sich in den vergangenen Jahren intensiv mit hochmittelalterlichen Häresien beschäftigt, also mit Lehren, die im gefährlichen Widerspruch zu Glaubensgrundsätzen der Kirche der Päpste standen.

Die französische Ausstellung von 2018 hatte sich speziell dem Phänomen der sogenannten Katharer gewidmet, die, der bisher gängigen Auffassung nach, im Südfrankreich des frühen 13. Jahrhunderts eine einheitliche Gegenkirche gegen Rom gebildet hatten.

Im sogenannten Albigenser-Kreuzzug hatte Papst Innozenz III. von 1209 bis 1229 per Kreuzzug die von ihm als ketzerisch betrachteten Glaubensbrüder im südfranzösischen Okzitanien vernichten lassen. Die regionale Tourismusindustrie versucht auch heute noch bei der Vermarktung von der Bezeichnung „le Pays cathare“ (Land der Katharer) zu profitieren.

Das Wort „Katharer“ gibt es nicht mal in den Protokollen der Inquisition

Die Idee einer einheitlich organisierten „Gegenkirche“ der Katharer sei aber eher das Ergebnis eines modernen Konstrukts, zeigen nun die Ausstellungsexponate. Denn der Begriff „Katharer“ fehle in mittelalterlichen Quellen, ja sogar in den Protokollen der Inquisatoren, die damals die Menschen auf den Scheiterhaufen schickten.

Der Kreuzzug sei eine politische Operation gewesen, die unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Häresie durchgeführt worden sei, zeigt die Ausstellung. Das Konstrukt hänge von der Schaffung eines Feindbildes im hochmittelalterlichen Europa ab.

„Und das für Bonn daran Interessante ist, dass ein Bonner Kleriker aus dem 12. Jahrhundert, Eckbert von Schönau, der eigentliche Urheber der Vorstellung von einer »Gegenkirche« der Katharer gewesen ist“, erklärt Thomas Becker, Chefarchivar der Universität Bonn.

Die Bonner Ausstellung zeigt neben einigen der französischen und ins Deutsche übersetzten Postern auch Poster, die auf das Rheinland und insbesondere auf Bonn und Köln Bezug nehmen. Unter den übrigen Exponaten ist auch eine Auseinandersetzung mit der Thematik per Comic zu sehen, die von Lucie Bourhoven gezeichnet wurde.

Öffnungszeiten bis 3. Juli im Universitätsmuseum (Uni-Hauptgebäude), Regina-Pacis-Weg 1: Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 16.30 Uhr. Der Eintritt zum Museum ist frei.

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