Ein Bonner Beitrag zu einer Ausstellung in Paris Ein Relief für den Louvre

Bonn · Das Ägyptische Museum der Universität Bonn bereitet ein Exponat für den Transport nach Paris vor. Dort soll es, ein Ende der Corona-Krise vorausgesetzt, ab Herbst in einer Ausstellung im Louvre zu sehen sein.

 Der Restaurator Stefan Gloßner trägt eine Spezialbrille, während er vorsichtig an den Reliefs arbeitet.

Der Restaurator Stefan Gloßner trägt eine Spezialbrille, während er vorsichtig an den Reliefs arbeitet.

Foto: Thomas Kölsch

Auf den ersten Blick sehen die beiden Exponate, die nebeneinander auf einem Tisch im Ägyptischen Museum der Universität Bonn liegen, eher unspektakulär aus: Zwei Reliefbruchstücke aus Sandstein, jeweils etwa 60 Zentimeter hoch und 40 Zentimeter breit, die vor rund 2700 Jahren wahrscheinlich die Türeinfassung eines Bauwerks im Tempel von Karnak schmückten.

Erst im richtigen Licht sieht man das volle Ausmaß der Hieroglyphen sowie die bildliche Darstellung der Umarmung eines Gottes und eines Königs, die einst ein Steinmetz vorsichtig in den Stein gehauen hat.

Letzteres ist für Ägyptologen so interessant, dass sogar der Louvre in Paris darauf aufmerksam geworden ist: Für seine (noch) für den Herbst geplante Ausstellung über den nubischen Pharao Taharqa hat das berühmte Museum um eine Ausleihe aus Bonn gebeten.

Diese Chance wollten sich die Bonner auch in Zeiten von Corona nicht entgehen lassen

Eine große Chance, die sich Kurator Dr. Frank Förster und sein Team auch in Corona-Zeiten nicht entgehen lassen wollen. Daher bereitet Diplom-Restaurator Stefan Gloßner das Bruchstück derzeit sorgfältig für den Transport vor, während Förster im Gespräch mit dem GA einen Einblick in die ferne Vergangenheit gewährt.

„Die beiden Reliefs waren allem Anschein nach Teile einer kleinen Kapelle“, erklärt der Kurator. „Wir gehen davon aus, dass das eine rechts und das andere links des Eingangs angebracht war, der weitgehend symmetrisch gestaltet worden sein dürfte. Zumindest deuten Inschriftenreste oberhalb der figürlichen Darstellung darauf hin, dass dort einst die gleichen Hieroglyphen standen wie auf dem erhaltenen Stück von gegenüber.“

Die Abbildung zeige zum einen den Pharao Taharqa, dessen Macht vom Nildelta bis zum heutigen Sudan reichte, sowie wahrscheinlich den Gott Osiris. „Taharqa gehörte zu den Kuschiten der 25. Dynastie, war also ein Fremdherrscher in Ägypten“, sagt Förster. „Seinen Namen finden wir in einer Kartusche auf dem linken Fragment, daher können wir hier sicher sein und die Exponate auf etwa 690 bis 664 vor Christus datieren. Die Inschrift ist eine Art Segensspruch, mit dem um Gesundheit und Herrschaft bis in alle Ewigkeit gebeten wird.“

Und wo kommt das Relief ursprünglich her? „Aus Grevenbroich“, schmunzelt der Kurator

Doch wo kommen die Bruchstücke überhaupt her? „Aus Grevenbroich“, sagt Förster und schmunzelt. „Sie stammen aus der Sammlung von Bodo Schwalm – wo dieser sie her hat, lässt sich leider derzeit nicht im Einzelnen rekonstruieren. Auf jeden Fall hatte Schwalm seine Aegyptiaca einst dem Stadtmuseum Grevenbroich überlassen. Und als dieses seine ägyptische Abteilung im Zuge einer Neukonzeption geschlossen hat, haben wir alle betreffenden Stücke als Dauerleihgabe erhalten. Darunter befinden sich Sarkophagdeckel, die zu unseren größten Ausstellungsstücken zählen, und eben auch diese beiden Relieffragmente aus Karnak.“

Bevor der Sandstein mit dem Bildnis von Taharqa und Osiris in den Louvre überstellt werden kann, muss er sorgfältig konserviert werden. Vor allem die vereinzelten, auf einer dünnen Putzschicht erhaltenen Farbreste waren überaus empfindlich. „An einigen Stellen hätten Sie sonst schon mit einem Fingernagel Schäden verursachen können“, erklärt Stefan Gloßner, der sich intensiv mit dem Exponat beschäftigt hat.

„Wichtig war, die Farbschichten zu unterfüttern, damit sie nicht bei der kleinsten Berührung wegbrechen“

„Zunächst habe ich es sorgsam mit Pinsel und Skalpell gereinigt, bevor ich dann mit feuchter Watte weitergemacht habe“, beschreibt er sein Vorgehen. „Wichtig war es unter anderem, die Farbschichten freizulegen und sie gegebenenfalls zu unterfüttern, damit sie nicht bei der kleinsten Berührung wegbrechen. Außerdem habe ich zwei Bruchstellen überarbeitet, sie allerdings nicht künstlich ergänzt. Das wäre eine Restaurierung, auf die wir in diesem Zusammenhang verzichtet haben.“

Die Kosten für die Maßnahme trägt übrigens der Louvre, während die Konservierung des anderen Stückes vor allem durch den Freundeskreis des Museums finanziert wird. „Für dieses kleine Haus ist die Ausleihe an den Louvre schon eine recht große Sache“, erklärt Heinz-Willi Schmitt vom Förderverein. „Wir hoffen natürlich, dass wir dadurch mehr Aufmerksamkeit erhalten und nach dem Ende der Corona-Krise neue Besucher begrüßen können.“ Vielleicht ja auch aus Frankreich.

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